Unterhaltung

Höhepunkte und Tiefflieger So lief die "Tatort"-Saison 2016/17

Begibt sich in die Hände eines vermeintlichen Selbstmordattentäters: der Dortmunder Kommissar Faber (Jörg Hartmann)

Begibt sich in die Hände eines vermeintlichen Selbstmordattentäters: der Dortmunder Kommissar Faber (Jörg Hartmann)

(Foto: WDR/Frank Dicks)

Ein rundes Jubiläum, ein bedrückend realistischer Fall und der vielleicht schlechteste "Tatort" aller Zeiten: Seit der Sommerpause 2016 ist viel passiert in der Lieblingskrimiserie der Deutschen - Zeit für einen Rückblick.

Jedes Jahr aufs Neue beginnt für Krimifans eine Zeit des Leidens: Wochenlang müssen sie ohne "Tatort"-Nachschub auskommen, manchmal, wie vergangenen Sommer sportbedingt, sogar ein Vierteljahr. Und auch die ewigen Meckerer haben es bis mindestens Ende August schwer: Über Wiederholungen lästern, das macht doch keinen Spaß. Sommerpause, was für ein schreckliches Wort. Was bleibt also zu tun? Genau, in Erinnerungen schwelgen, den Guten wie den Schlechten - quasi Krimi-Methadon. Weil in so einer "Tatort"-Saison dann aber doch immer ganz schön viel passiert, haben wir mal zusammengefasst, woran es sich zu denken lohnt.

Der Mörder in "Es lebe der Tod" rühmt sich, seine Opfer auf "humane Art zu erlösen".

Der Mörder in "Es lebe der Tod" rühmt sich, seine Opfer auf "humane Art zu erlösen".

(Foto: HR)

Über den besten Fall kann man natürlich streiten, Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden. Ganz vorne mit spielt aber auch diesmal der Experimental-"Tatort" aus Wiesbaden mit Ulrich Tukur aka Kommissar Muro: "Es lebe der Tod" versucht auszuloten, ab wann Empathie zur Anmaßung wird - und macht seine Aufgabe so gut, dass die Zuschauer die pervertierte Anteilnahme des Mörders im späteren Filmverlauf die Welt mühelos mit eigenen Augen nachfühlen können. Gruselig gut!

Was den schlechtesten Fall betrifft, gibt es in dieser Saison ausnahmsweise wenig Diskussionsbedarf, es ist nämlich auch gleichzeitig der unbeliebteste, will sagen, der mit den schlechtesten Einschaltquoten: Das Ludwigshafener Oldie-Ermittlungsteam um Kommissarin Odenthal (Ulrike Folkerts) rutscht in "Babbeldasch" beim Besuch eines Mundarttheaters wider Willen in einen Mordfall, ab dann improvisieren alle. Richtig gelesen, es gibt kein Drehbuch. Widerwillig und mit ungläubigem Kopfschütteln dürften auch die meisten Zuschauer dieses völlig missglückte Experiment verfolgt haben. Immerhin, so viele waren es ja dann auch nicht: Nur 6,35 Millionen Menschen wollten sich diese Krimikatastrophe anschauen, absoluter Saison-Tiefstwert.

Der denkwürdigste Fall kommt aus Dortmund

Mehr als doppelt so viele Zuschauer fand der Münsteraner Fall aus dem April: "Fangschuss" versammelte 14,56 Millionen Zuschauer vor den Endgeräten, was den "Tatort" zum beliebtesten Fall der Saison macht und gleichzeitig einen mehr als 25 Jahre alten Rekord einstellt. Dass Beliebtheit nicht unbedingt mit Qualität gleichzusetzen ist, beweist "Fangschuss" quasi en passant: Die Aufklärung des Mordes an einem IT-Experten ist lediglich schmückendes Beiwerk - was nicht so schlimm wäre, wenn die Kalauer und Kalamitäten, durch die sich Professor Boerne (Jan Josef Liefers) und Kommissar Thiel (Axel Prahl) wühlen, nicht schon längst zum Selbstzweck verkommen wären.

In der ersten Krimiliga spielen dafür die Dortmunder Fälle mit, und zwar ausnahmslos immer. Besonders tief brennt sich allerdings der packende Echtzeit-Thriller "Sturm" ins kollektive Zuschauer-Gedächtnis ein, weil er so bedrückend nah an der Realität spielt: Kommissar Faber (Jörg Hartmann) und sein Team versuchen einen mutmaßlichen Islamisten an einem Anschlag zu hindern. Am Ende fliegt, klassisch Dortmund, trotzdem die halbe Innenstadt in die Luft - und es kommt heraus, dass der Drahtzieher monetäre Interessen verfolgt hat. Zuerst wurde "Sturm" wegen des Weihnachtsmarkt-Anschlags in Berlin verschoben, nur Tage nach dem Ersatz-Ausstrahlungstermin kommen die Spieler von Borussia Dortmund bei dem Anschlag auf ihren Mannschaftsbus mit dem Schrecken und leichten Verletzungen davon. Die Aktualität der Ereignisse und die Klasse des Krimis selbst machen "Sturm" damit zum denkwürdigsten Fall dieser Spielzeit.  

Stefan Konarskes Ausstieg als Kommissar Kossik aus dem Dortmunder "Tatort" bleibt im Angesicht der Ereignisse weitgehend unbemerkt, soll allerdings genau wie der Abschied von Sibel Kekili als Kieler Ermittlerin Brandt hier nicht unter den Tisch fallen. Kommissarin Blum (Eva Mattes) ermittelt in Konstanz ebenfalls zum letzten Mal und kommt dabei drei altlinken Damen auf die Spur, die am Bodensee Selbstjustiz üben. Während die Bodensee-"Tatorte" in den vergangenen Jahren oft blass blieben, überzeugt Mattes' letzter Fall auf ganzer Linie.

Da ist also viel Luft nach oben! Zum Beispiel würden wir gern mal wieder einen Tatort mit Wotan Wilke Möhring sehen. Und selbst Til Schweiger dürfte dem eingeschworenen Fan und Kritiker, ja selbst den ewig sonntäglichen Nörglern, lieber sein als "Babbeldasch" & Co.

Quelle: ntv.de

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