Brustwarzen-Zensur bei Instagram Wird wohl nichts mit #FreeTheNipple
07.10.2015, 17:06 Uhr
Keine besonders große Sache eigentlich, so ein Nippel. Gehört er zur Brust einer Frau, will Instagram ihn aber nicht sehen.
(Foto: Instagram/freethenipple)
Auf eine Brust gehört ein Nippel. Was verdammt noch mal ist daran denn so anstößig? Gar nicht mal so viel, meint Instagram-Chef Kevin Systrom. Auf seiner Plattform will er Miley Cyrus und Co trotzdem keine Brustwarzen-Bilder erlauben.
"Na, lasst sie doch ihre Brüste feiern", will man rufen. Doch das auf den ersten Blick recht harmlose Vergnügen, online Nippel-Bilder zu teilen, bleibt Instagram zu heikel. Brustwarzen sind auf der Foto-Plattform verboten. Alle Brustwarzen? Nein, tabu sind nur diejenigen, die eine weibliche Brust zieren. Das ist auch der Grund, weshalb unzählige Nutzer - allen voran prominente Nippel-Enthusiasten wie Miley Cyrus, Lena Dunham oder Cara Delevingne - gehörig stinkig sind.
Gleichberechtigung beginnt nämlich nicht erst bei gerechten Gehältern oder geteilter Elternzeit. Während Mann barbusig durchs Leben gehen darf, muss Frau sich damit begnügen, dass ihr Vorbau sexualisiert in der Schmuddelecke steht. Einzige Ausnahmen laut Instagram-Nutzungsbedingungen: Nippel neben Narben nach einer Masektomie, der krankheitsbedingten Entfernung der Brustdrüse, und Nippel, an denen ein zu säugendes Kind hängt.
Damit die weibliche Brustwarze nicht mehr als obszön abgetan wird, muss die zugehörige Frau also entweder schwer krank gewesen sein, oder wenigstens ein Kind zur Welt gebracht haben. Erst dann ist die Gefahr der Sexyness gebannt. Und während Instagram all die ästhetischen Brustaufnahmen löscht, fluten haufenweise mehr oder weniger minderjährige Dinger - wie etwa Kardashian-Schwester Kylie Jenner - das Portal mit fragwürdigen Schmollmund-Selfies in winzigen Bikinis.
Apple hält den Schwarzen Peter
Weil in puncto Brustwarze ganz offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen wird, hat sich unter dem Hashtag #FreeThenNipple mittlerweile eine richtige Bewegung formiert - inklusive Demos, Doku und Merchandise. Doch es sind nicht Aktivisten, die online die Regeln machen. Das übernehmen noch immer die ganz Großen, Instagram ist offenbar jedoch keiner davon. Jedenfalls bestand der Chef des Unternehmens, Kevin Systrom, zuletzt darauf, dass er den weiblichen Nippel nur zu gern aus dem Käfig lassen würde. Ginge aber nicht.
Den Schwarzen Peter schiebt Systrom dabei Apple zu. Über den App-Store des Unternehmens können Nutzer Instagram auf ihr Smartphone laden. Um im Programm zu bleiben, müssten App-Anbieter allerdings strenge Regeln befolgen. Instagram wolle eine möglichst breite Gruppe Nutzer ansprechen, so Systrom. Derzeit ist die App ab zwölf Jahren freigegeben. Würden Nacktaufnahmen zugelassen, müsse die Altersfreigabe auf 17 Jahre herausgesetzt werden.
Auch Facebook verbannt Brustwarzen
Indem Instagram nun mit dem Finger auf Apple zeigt, dürfte sich das Unternehmen jedoch nicht unbedingt einen Gefallen getan haben. Ganz geht die Systromsche Logik nämlich nicht auf. Handelt es sich bei Instagram und Twitter zwar um ganz unterschiedlich Anwendungen, so sollten sie als soziale Netzwerke mit Nutzern unterschiedlicher Altersgruppen von Apple doch ähnlich beurteilt werden. Obwohl sich auf Twitter mit Leichtigkeit pornografische Profile, Bilder und Videos finden lassen, ist die App im Store ab vier Jahren freigegeben.
Es könnten also noch andere Faktoren verhindern, dass #FreeTheNipple nachgegeben wird. Seit 2012 gehört Instagram zu Facebook - und auch Mark Zuckerbergs Imperium ist nicht unerfahren, wenn es darum geht, weibliche Brustwarzen zu verbannen. Sogar stillende Mütter wurden schon Opfer der Facebook-Zensur. Ansonsten behält man sich seitens des Netzwerkes ebenfalls vor, nur männliche Nippel gewähren zu lassen.
Das Internet mag ein fortschrittliches Ding sein. Internet-Firmen sind es nicht unbedingt. Klar, künstlerische Freiheit sei wichtig, erklärte Systrom. Dasselbe dürfte für Gleichberechtigung gelten. Doch "um effizient zu wirtschaften, stehen eben harte Entscheidungen an". Dass Frauen ganz ungezwungen und selbstverständlich mit ihrem Körper umgehen, rechnet sich anscheinend einfach finanziell nicht.
Quelle: ntv.de