"Tatort" mit Lena Odenthal Immer Ärger mit der Unsterblichkeit
07.01.2024, 21:45 Uhr Artikel anhören
Das Thema ihrer Ermittlungen war diesmal brandaktuell: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts).
(Foto: SWR / Christian Koch)
Mit "Avatar" widmete man sich in Ludwigshafen Künstlicher Intelligenz und virtuellen Identitäten. Auf den ersten Blick das Thema der Stunde, tatsächlich aber war man beim "Tatort" in Bremen schon vor Jahren auf ähnlichen Pfaden unterwegs. Und was wurde eigentlich aus "Second Life"?
"But somewhere I'll survive to make you feel alive, so you could all reload your dreams and all your hopes" - so heißt es im Song "Second Life Replay" der schwedischen Band The Soundtrack Of Our Lives. Anno 2008 widmete sich Sänger Ebbot Lundberg einem damaligen In-aller-Munde-Phänomen namens "Second Life". Ende des letzten Jahrtausends im amerikanischen Linden Lab entwickelt, hatte sich das sogenannte Metaversum Mitte der Nullerjahre zum "Next Big Thing" im Internet entwickelt.
Im Oktober 2006 verzeichnete das Portal eine Million registrierte User, keine zwei Monate später hatte sich diese Zahl bereits verdoppelt. Der Hype blühte, es gab Konzerte und PR-Veranstaltungen, Partys und WGs, große Player von Adidas bis Sony machten virtuelle Niederlassungen auf, das Erzbischöfliche Seelsorgeamt Freiburg war sogar mit einer virtuellen Kirche vertreten. Mittlerweile ist die Euphorie um die Parallelwelt längst abgeraucht, das Spiel mit den virtuellen Identitäten hat den Schritt vom Netz zurück in die wirkliche Welt vollzogen.
Lag der Reiz von "Second Life" noch im Annehmen eines womöglich glamourösen Alter Egos im Web, so sind es diesseits des digitalen Äquators auf Unsterblichkeit programmierte Humanoiden, täuschend echte Replikanten, die unsere Wahrnehmung der Realität auf die Probe stellen. Im Ludwigshafener "Tatort" wurde dem Zuschauer das durchaus eindrucksvoll vermittelt. Eine ganze Weile schaute man Julia da Borg (Bernadette Heerwagen) dabei zu, wie sie mit ihrer Stieftochter Sina (Ziva Marie Faske) am Bildschirm chattete, die beiden einiges an Kontroversen austrugen, um einige Zeit später festzustellen, dass Sina längst nicht mehr am Leben ist. Die Programmiererin da Borg hatte sich diesen Avatar erstellt, voller Trauer um den Verlust, erfüllt vom schlechten Gewissen, von der Verzweiflung, zu Lebzeiten gemachte Fehler nicht mehr korrigieren zu können.
"Second Life" und zweites Leben
Vor sieben Jahren, im Rahmen der Themenwoche "Zukunft der Arbeit", hatten es Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) in Bremen bereits mit einem ähnlichen Fall zu tun. In "Echolot" ging es um "störrische Avatare und Start-up-Nerds". Am Ende stellte sich heraus, dass Vanessa Arnold (Adina Vetter) von ihrem digitalen Gegenstück Nessa um die Ecke gebracht worden war.
Ruckelte die Plot-Matrix damals noch ein wenig, hielt der jetzige "Tatort" am Sonntagabend sein Publikum um einiges enervierter vor dem Bildschirm. Vom Avatar zum sogenannten Cybergrooming ist es nur ein kleiner Schritt, die kriminellen Möglichkeiten ein schier unüberschaubares Feld. In den Landeskriminalämtern werden zunehmend Ressorts eingerichtet, um den zumeist männlichen Tätern auf die Schliche zu kommen. Geschlagen werden sie mit eigenen Waffen, auf Polizeiseite arbeitet man ebenfalls mit vorgetäuschten Identitäten, mit Avataren, in diesem Fall den sogenannten "Scheinkindern".
Im einstigen Webspace-to-be, dem Metaversum "Second Life", ist es längst ruhig geworden, stillgelegt ist es dennoch nicht. Zuletzt wurde eine Handy-App angekündigt, um das Ganze auch mobil nutzen zu können.
Apropos zweites Leben: Nach ihrer Auflösung im Jahre 2012 sind The Soundtrack Of Our Lives seit einiger Zeit wieder aktiv. Nach einigen Festivalshows im Vorjahr gehen die Schweden im Februar auf große Reunion durch Schweden, auf der Setlist dann mit Sicherheit auch jener mittlerweile so programmatische Song - "Second Life Replay".
Quelle: ntv.de