Fußball

Die Lehren des 18. Spieltags Bayern mit Geflügelzange, BVB ohne Mumm

Gewonnen haben sie, die Bayern. Aber schön war es nicht.

Gewonnen haben sie, die Bayern. Aber schön war es nicht.

(Foto: imago/Ulmer)

Weil der BVB weiter rumpelt, können nur die Roten Bullen den Sparflammen-Bayern folgen. Derweil taucht in Hamburg schon an Spieltag 18 das Lebkuchen-Phänomen auf, und Mario Gomez hat was gegen Arschwackler.

1. Nur RB verleiht den Bayern Flügel

Bremen geschlagen, weiter Tabellenführer, mit dem 13. Sieg hintereinander gegen Werder einen neuen Bundesliga-Rekord eingestellt: So weit alles Guardiola an diesem 18. Spieltag beim Branchenprimus aus München. Wenn da nicht die 90 Minuten auf dem Feld gewesen wären. "Es ist klar, dass wir besser spielen können und müssen", sagte Philipp Lahm nach dem merkwürdig unsouveränen Auftritt an der Weser. Immerhin funktionierte die "Geflügelzange" aus Franck Ribéry und Arjen Robben wie gewohnt, und Problem-Ösi David Alaba erzielte sein erstes Saisontor. Danach stellten die "Biederbayern" ("Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung") den Hausherren allerdings einen Blankoscheck für ein Comeback aus, den ein gutes Team sicher für mehr als nur ein Tor genutzt hätte. Die gute Nachricht für alle Fans des Rekordmeisters: Als es zuletzt darauf ankam, haben die Münchner überzeugt. Und was auch immer den Bayern beim 3:0 gegen RB im Dezember Flügel verliehen hat, Carlo Ancelotti hat noch zwei Wochen Zeit, eine neue Ration davon anzurühren - dann steigt das erste Champions-League-Duell mit dem FC Arsenal.

2. Leipzig steigt nicht ab

Ob die Leipziger Spieler wohl vor der Saison eine Nichtabstiegs-Prämie verhandelt haben? Und wenn ja, springt mehr dabei raus als eine Palette Gummibärchenbrause? So viele Fragen der Siegeszug des RasenBallsport Leipzig e.V. durch die Liga nämlich aufwirft, eines darf seit Samstag als gesichert gelten: Absteigen werden sie nicht mehr, nicht mit 42 Punkten nach 18 Spieltagen. Der verdiente 2:1-Heimerfolg gegen die bis dato ungeschlagenen Hoffenheimer genügte ohne Zweifel viel höheren Ansprüchen. Weil die Verantwortlichen sich aber genauen Aussagen über die neuen Saisonziele verweigern, hier noch ein paar Fragen: Können diese Leipziger den Bayern noch gefährlich werden? Sehen wir bald in der Nationalmannschaft einen Bullen-Block mit Willi Orban, Marcel Halstenberg und Timo Werner? Und wie will der BVB dieses Team am nächsten Samstag stoppen?

3. Die Europapokal-Aspiranten bleiben in der Krise

Wovon Ralf Rangnick schweigt, will auch Christian Heidel vom FC Schalke nicht sprechen, nur aus anderen Gründen: "Wir wollen uns nicht lächerlich machen, wenn wir 21 Punkte haben und uns Gedanken über Europa machen." Dabei hatten seine Spieler am Freitagabend gegen Frankfurt den Eindruck gemacht, als machten sie sich viel zu viel Gedanken über Europa, mehr noch als Martin Schulz, als könnten sie neben dem ganzen Gegrübel über Bankenunion, Brexit und Bleigrenzwerte in Buntstiften unmöglich noch einen vernünftigen Pass an den Mann bringen. Ganz anders die Frankfurter, die großen Pragmatiker der Liga, die sich mit einem Standard das 1:0 und Platz drei sicherten. Der Rest war Gebolze, das Torschütze Alex Meier so kommentierte: "Der Ball war ja nur noch in der Luft." So unglücklich, wie er tat, war Meier darüber nicht.

Mario Gomez war nach dem Spiel reichlich angefressen.

Mario Gomez war nach dem Spiel reichlich angefressen.

(Foto: imago/Hübner)

Wie ein wirklich wütender Stürmer aussieht, konnte man am Samstag in Wolfsburg nach dem Spiel beobachten. Mario Gomez wurde nach seiner Meinung zum 1:2 gegen Augsburg befragt, und der Nationalstürmer klang wie einer, dessen Wette nicht aufgegangen ist, weil der Torhüter dem gegnerischen Stürmer den Ball aufgelegt hat. Was damit zusammenhängen könnte, dass genau das passiert war. Diego Benaglios Befreiungsschlag an Halil Altintops Schädel landete an der Latte, von da aus fiel der Ball dem Augsburger wieder auf den Kopf, Gomez‘ Führung war egalisiert. Dominik Kohr erzielte schließlich den Siegtreffer, und Gomez war bedient: "Wir glauben, ein bisschen Arschwackeln reicht. Das war überheblich, naiv und dumm." Eine bittere Erkenntnis für einen, der nach Wolfsburg gewechselt war mit der Ansage, das Team habe das Potenzial für die Champions League.

In der Königsklasse spielt Bayer Leverkusen am 21. Februar gegen Atlético Madrid, und es deutet vieles darauf hin, dass es die letzten Auftritte auf großer europäischer Bühne für längere Zeit werden. Das 2:3 gegen Mönchengladbach nach 2:0-Führung war die achte Saisonpleite, so viele Niederlagen waren es zu diesem Zeitpunkt zuletzt vor 14 Jahren. "Wir hätten gerne eine Aufholjagd gestartet, aber die ist jetzt erstmal unterbrochen worden", konstatierte Sportchef Rudi Völler angesichts von sechs Punkten Rückstand auf Platz sechs. Immerhin: Am Freitag geht es gegen den HSV.

4. Die Stunde der Uhr hat geschlagen

Jedes Jahr, so scheint es, steht das Weihnachtsgebäck früher in den Supermarktregalen. Nennen wir es das Lebkuchen-Phänomen. So ähnlich verhält es sich mit der Uhr im Hamburger Volksparkstadion, die anzeigt, wie lange der HSV schon in der Bundesliga spielt - in jeder Saison wird sie ein bisschen früher gezeigt. Jetzt, nach dem peinlichen 1:3 beim direkten Konkurrenten in Ingolstadt, ist es mal wieder soweit. Selbst in den Pannen-Saisons, die der HSV in der Relegation noch gerade so retten konnte, hatten die Hamburger mehr Punkte nach 18 Spielen, nämlich 16 bzw. 17. In diesem Jahr sind es 13 Zähler, aber dank der schwachen Konkurrenz auch nur 2 Punkte Rückstand auf Rang 16 und 3 auf das rettende Ufer. Die Mannschaft nehme diese Alarmzeichen wahr, behauptete Trainer Markus Gisdol nach dem Offenbarungseid. "Das Team war selbst schockiert von ihrer Leistung. Das war hoffentlich ein Weckruf." Wie weit es her ist mit dem Vertrauen in die Einsicht der Profis, zeigte sich schnell: Für fast 10 Millionen Euro verpflichtete der HSV am Wochenende den Brasilianer Walace von Gremio Porto Alegre für das defensive Mittelfeld.

5. Tuchel darf noch auf der Bank sitzen

Man konnte ja ins Grübeln kommen ob der Schlagzeilen rund um den angeblichen Führungsstreit in Dortmund. "Wieviel Macht hat Tuchel noch?", fragte die "Bild"-Zeitung, und auch wir blickten bang nach Mainz: Hatte irgendwer dem Coach gesagt, wann der Mannschaftsbus losfährt? Durfte er vor dem Spiel erfahren, wer in der Startelf steht? War sein Platz auf der Bank noch frei, lag ein Furzkissen drauf? Zum Glück lässt sich die Mannschaft aber von den Diskussionen um den Tuchel nicht ablenken, sagte Kapitän Marcel Schmelzer nach der Partie gegen den FSV. Dumm nur, dass er "ganz andere Probleme" einräumen musste, auf dem Feld nämlich. Da verlieh die frühe Führung durch Marco Reus dem BVB keine Sicherheit, Danny Latza köpfte zehn Minuten vor Schluss einen unfassbaren Hufstoß von Levin Öztunali zum Ausgleich ins Tor. "Wir hatten nicht den Mumm, uns festzusetzen", tadelte Tuchel sein Team. Die Kritik der Experten konzentrierte sich allerdings auf ihn, vor allem wegen seiner offensiven Wechsel. "In so einer Situation muss man auch mal ein dreckiges 0:1 mitnehmen", sagte Ex-BVB-Spieler Michael Rummenigge bei "Sky90". "Das ist eben der Unterschied zu Spitzenmannschaften wie Bayern." Für Michael Schulz, ebenfalls früher in Dortmunder Diensten, passt Tuchel gleich überhaupt nicht zum Klub. "Diese eher ruhige und wissenschaftlich zurückhaltende Art ist etwas anderes als Klopp." Die Gelegenheit, die Diskussionen um seine Person abzuwürgen, bekommt Tuchel schon am Samstag, wenn der Tabellenzweite ins Westfalenstadion kommt. "Gegen Leipzig ist noch eine Rechnung offen, wir haben kurz vor Schluss in der Hinrunde verloren", sagte der BVB-Coach angriffslustig. "Wir wollen diese Punkte zurück."

6. Frings ist noch kein Dauerlutscher

"Er hat noch mal unser Feuer entfacht", sagte Dauersprinter Marcel Heller über Torsten Frings. "Wir wollen uns nicht abschießen lassen, sondern noch mal alles versuchen." Optimistische Worte, leider schon eine Woche alt. Da hatte der Tabellenletzte aus Darmstadt gerade Mönchengladbach ein 0:0 abgetrotzt, und der neue Coach galt als Motivationskünstler. Sieben Tage später kassierte Frings‘ Team sechs Stück vom 1. FC Köln, der zuvor sechs Spiele ohne Sieg geblieben war. Auch wenn der Faustschlag von Anthony Modeste und die nicht gegebene Rote Karte den Sieg der Rheinländer überschattete, suchte Frings die Schuld nicht beim Schiedsrichter. Schon eher bei der Einstellung einiger Profis. Exemplarisch nahm sich der Ex-Nationalspieler in der Pressekonferenz Florian Jungwirth zur Brust, der in die MLS in die USA wechseln möchte: "Wenn was da ist, dann können wir darüber reden. Wenn nichts da ist, muss er sich weiter für uns den Arsch aufreißen. Wenn er das nicht macht, dann sitzt er sechs Monate auf der Tribüne. Anders geht's ja nicht." Selbst wenn Frings am Ende Darmstadt nicht retten sollte - für ein paar denkwürdige Sprüche sollte es reichen.

Quelle: ntv.de

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