Die Lehren des 23. Spieltags Der FC Bayern bemisst den Erfolg neu
25.02.2019, 11:49 Uhr
Trainer Niko Kovac hat das kumpelhafte beim FC Bayern ablegt - für den Erfolg. So jedenfalls wertet es Präsident Uli Hoeneß.
(Foto: imago/ActionPictures)
Der FC Bayern ist zufrieden - weil die Ergebnisse stimmen. Und dafür hat sich Coach Niko Kovac selbst korrigiert. Tabellenführer Borussia Dortmund steigert seine "Ohne-Reus"-Quote und Lothar Matthäus fordert den FC Schalke zur einer Rückholaktion auf.
1. Der FC Bayern bemisst den Erfolg neu
Der FC Bayern bemisst die Kategorie "Erfolg" neu. Ein Erfolg, so haben wir Klub-Präsident Uli Hoeneß nun verstanden, ist auch einfach mal ein gutes Ergebnis. Also zum Beispiel das mühsame 1:0 gegen Hertha BSC an diesem 23. Spieltag der Fußball-Bundesliga. Der Blick auf die Tabelle macht den Münchenern wieder Spaß - zwischenzeitlich waren sie sogar punktgleich mit Tabellenführer Borussia Dortmund, ehe die am Sonntagabend den Angriff der Münchener mit einem spektakulären Wackelsieg gegen Leverkusen konterten. Nun, die bayrische Welt ist wieder gerade gerückt. Sportlich und medial-menschlich.
Konnten sie noch Mitte Oktober mit journalistischen Meinungen so gar nicht gut umgehen, sorgen die aktuellen Berichte kaum mehr für Bluthochdruck: "Wir haben einen Trainer, der infrage gestellt wird. Wir haben einen Sportdirektor, der nichts taugt. Wir haben eine Mannschaft, wo es nur Unruhe gibt - mit der Kritik können wir gut leben, solange die Ergebnisse stimmen." Verantwortlich dafür ist natürlich Trainer Niko Kovac - und seine persönliche Transformation. "Anfangs hat er gedacht er kann der Kumpel sein, zwischenzeitlich hat er das korrigiert. Er hat sich fantastisch hineingearbeitet, was bei einem Klub wie dem FC Bayern nicht einfach ist. Der Erfolg ist zurück", erklärte Hoeneß im Sport1-Doppelpass.
Dass es mit dem stinkwütenden Rafinha, dem Ex-Stammspieler Thomas Müller und dem traurigen Renato Sanches auch Opfer des Erfolgswegs gibt - is' halt so. Und jetzt stelle man sich mal vor, der FC Bayern hätte in dieser Saison, in der die alten Fußball-Granden um Franck Ribéry und Arjen Robben ein letztes Mal vorspielen dürfen, schon das gigantische Transferhalali ausgerufen: Was gäb's da wohl für eine böse Mopperparty? So wird der eingeleitete Umbruch also erst in diesem Sommer abschließend vollzogen. Und der Gedanke an das kommende Star-Ensemble in München macht den Präsidenten jetzt schon so wuschig ("Wenn Sie wüssten, wenn wir alles schon haben"), dass ihm das so auch kalkulierte Titelopfer fast schon Freude bereitet: "Wenn die Saison nicht so schwierig wäre, würden wir jetzt hier sitzen und wir hätten zehn Punkte Vorsprung. Und das will doch auch keiner. Wir sind bereit gewesen, die Meisterschaft auch mal ein Jahr zu opfern. Ich habe in meinem Leben mehr als 50 Titel gewonnen, da kommt es auf den einen oder anderen nicht an." Nun, die Wahrheit ist: Es können tatsächlich immer noch drei werden!
2. Borussia Dortmund kann's auch ohne Reus
Der FC Bayern war kurzfristig punktgleich, doch der BVB kontert und verteidigt den Drei-Punkte-Vorsprung an der Tabellenspitze ausgerechnet gegen Ex-Coach Peter Bosz und seine Leverkusener, die bis zu diesem Spieltag beste Rückrundenmannschaft. Und ausgerechnet ohne Marco Reus, ohne den es faktisch so viel schlechter läuft, wie wir in unserer Spieltagsvorschau dank der Vorarbeit der "Kicker"-Kollegen aufgezeigt hatten.
So fand BVB-Sportdirektor Michael Zorc nach dem phasenweise sehr wackeligen, aber jederzeit spektakulären 3:2-Erfolg am Sonntagabend: "Wir wissen alle um den Wert von Marco für unser Team. Aber es war wichtig, dass die Mannschaft gesehen hat, dass es auch ohne ihn geht. Wir hatten jetzt eine Phase, ich glaube fünf Spiele ohne Sieg, die ist ungewohnt für uns und die Spieler. Deshalb steht heute das Ergebnis an allererster Stelle."
Diese kurze Ausführung reicht Ihnen nicht? Dann empfehlen wir die Analyse des Kollegen Felix Meininghaus.
3. Wer macht's beim FC Schalke 04?
Christian Heidel bereitet seinen Abgang als Manager des FC Schalke 04 vor. Warum, das hat der Kollege Arnulf Beckmann analysiert. Heidel möchte dem Klub noch so lange helfen, bis ein neuer Mann gefunden ist. Aber wer macht's? Michael Reschke vielleicht - schreibt die "Bild"-Zeitung. Gilt als guter Mann, seine letzten beiden Referenzen beim FC Bayern und beim VfB Stuttgart lassen womöglich aber darauf schließen, dass er eher ein guter Mann war. In Wahrheit können wir das natürlich nicht bewerten. Ein anderer Kandidat ist Jonas Boldt, Ex-Leverkusener und laut Heidel sogar ein "sehr, seht guter Mann".
Klaus Allofs könnte es wohl auch machen - laut Lothar Matthäus, den sie ja mittlerweile selbst beim FC Bayern für einen echten Experten halten, auch "ein guter Mann, aber er war jetzt drei Jahre raus." Der Rekordnationalspieler fordert Schalke indes auf Horst Heldt, aktuell in Hannover tätig, zurückzuholen: "Bringt das, was euch in der Geschichte stark gemacht hat. Heldt hat damals hervorragende Arbeit auf Schalke gemacht." Wir hätten da auch noch einen: Peter Neururer, Besitzer der Uefa Pro-Lizenz, erfahren durch über 600 Spiele für zwölf Vereine in der ersten und zweiten Liga, Trainer von Welt- und Europameistern, von Olympiasiegern und ganz generell von Spitzenfußballern. Er kennt Abstiegskampf aber auch den Uefa-Cup. Und er ist laut dem Karriere-Portal "Linkedin" empfänglich für entsprechende Angebote!
4. "Wir haben Bruno Labbadia"
Wie die Zeiten sich ändern. Der Trainer hatte just den VfL Wolfsburg übernommen, als die Fans nach der Heimniederlage gegen Bayer 04 Leverkusen sangen: "Wir steigen ab und kommen nie wieder - wir haben Bruno Labbadia!" Ziemlich genau ein Jahr ist das jetzt her. Und nachdem eben dieser Labbadia den Klub in der Relegation vor dem Abstieg in die zweite Liga gerettet hatte, steht er mit der Mannschaft nach 23 Spieltagen auf Platz fünf in der Tabelle. Am Wochenende gewannen die Wolfsburger überraschend effizient und daher deutlich bei der Borussia in Mönchengladbach. Es war nach dem Sieg gegen den FSV Mainz 05 das zweite 3:0 hintereinander. Es ist erstaunlich, wie er mit dem Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke eine Mannschaft zusammengestellt und geformt hat.
Nun also Europapokal? "Wenn wir 'ne Chance haben, werden wir zugreifen", sagt Labbadia. "Wir schauen einfach, was kommt." Die Zurückhaltung des Trainers dürfte mit dem Programm zu tun haben, das in den kommenden Wochen ansteht. Am Sonntag (ab 18 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) geht es im eigenen Stadion gegen den SV Werder Bremen erst einmal darum, einen Konkurrenten im Kampf um einen Platz in der Europaliga auf Distanz zu halten. Dann steht am 9. März die Reise nach München zum FC Bayern an, am 30. März spielen die Wolfsburger in Dortmund, am 16. März gibt's noch das Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Admir Mehmedi, der in Gladbach eingewechselt wurde und zwei Tore erzielte, sagt: "Wir gehen mit einer gewissen Leichtigkeit ins Spiel." Ansonsten hält auch er sich zurück und will nicht von neuen Zielen sprechen, sagte Joker Mehmedi: "Wir haben das vor der Saison nicht gemacht und machen es jetzt auch nicht." Und Labbadia, dessen Zukunft im Sommer immer noch offen ist? Der ist nun angeblich beim FC Schalke 04 im Gespräch. Wie die Zeiten sich ändern.
5. Wenn im Abstiegskampf (fast) alle verlieren
Wenn aus dem Quartett der Mannschaften, die mit hoher Dringlichkeit gegen den Abstieg kämpfen, der VfB Stuttgart mit seinem Unentschieden in Bremen der Gewinner des Spieltags ist, dann sagt das viel über das Schneckenrennen am Tabellenende aus. Der 1. FC Nürnberg verlor bei der Fortuna in Düsseldorf (1:2), der FC Augsburg ging beim SC Freiburg unter (1:5), und Hannover 96 hatte gegen die extrem abgezockte Frankfurter Eintracht keine echte Chance. Da hat Hannovers immer noch neuer, aber zunehmend frustrierter Trainer schon Recht, wenn er sagt: "Die, die wenigsten Fehler machen, bleiben in der Liga. Die anderen gehen duschen."
Wenn seine Mannschaft so weiter macht, kommt sie am Ende der Saison sehr sauber in der zweiten Liga an. Zu harmlos, zu geschwächt, zu verunsichert tritt sie nun schon seit Wochen auf - auch wenn's an diesem Spieltag trotz des 0:3 eine ansprechende Leistung gab. Mit 14 Punkten aus 23 Spielen hätte sie mutmaßlich in neun von zehn Spielzeiten keine Chance mehr, den Abstieg noch zu verhindern. So aber steht Hannover nur zwei Zähler hinter dem VfB auf dem Relegationsplatz und vier hinter Augsburg auf dem ersten Nichtabstiegsplatz. "Das Gute ist, dass die anderen da unten auch verlieren. Es ist alles noch drin", sagt Doll. Am nächsten Sonntag tritt er mit seinem Team in Stuttgart an, Augsburg spielt am Freitag gegen den BVB, Nürnberg gegen RB Leipzig. Mal sehen, wer dann der Gewinner des Spieltags ist.
6. Handspiel - "Wahrheit liegt auf dem Fernseher"
Felix Brych hat heute Dienst. Wenn Rasenballsport Leipzig (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) zum Abschluss dieses 23. Spieltags gegen die TSG Hoffenheim darum spielt, mit einem Sieg die Mönchengladbacher Borussia zu überholen und auf Platz drei in der Tabelle zu klettern, dann ist der Fifa-Schiedsrichter der Mann, der die Partie lenkt und leitet. Und er ist im Zweifelsfall derjenige, der entscheidet, ob ein Handspiel vorliegt oder nicht. Und genau das sei, sagte Brych im Gespräch mit dem Bezahlsender Sky, nicht so einfach. "Handspiel ist für uns wirklich eine schwierige Entscheidung, vor allem weil im Fußball immer mehr Handspiele vorkommen." Jede Berührung sei für die Schiedsrichter eine Bewertung. Je weiter die Hand vom Körper weg sei, "umso eher entscheiden wir auf Hand, weil wir jetzt mit dem Video-Assistenten auch die Bilder nicht mehr wegdrücken können". Es sei so: "Der Ball ist an der Hand, das sieht dann jeder. Absicht muss vorliegen, aber Absicht ist ja auch dann gegeben, wenn jemand billigend in Kauf nimmt, mit der Hand zu spielen."
Über die Jahre habe man versucht, Auslegungen zu finden "und dann haben wir Sachen gefunden wie die 'unnatürliche Körperhaltung', die 'Vergrößerung der Körperoberfläche', 'Hand über der Schulter'". Der Video-Assistent hat das Schiedsrichter-Spiel verändert: "Zum Teil sind die Bilder so klar und erdrückend, dass wir dann aufgrund dieses Bildes entscheiden müssen." Früher konnte man, so der Unparteiische, "auf dem Platz viel mit Intuition regeln oder mit dem Spieler den Kontakt halten, dann ist einem mal ein Handspiel durchgerutscht und konnte sagen, ich konnte es nicht sehen oder der Spieler hat gesagt, ich wollte meinen Arm wegziehen. Jetzt gibt es eben diese zweite Ebene". Sobald der Ball an die Hand springe, seien die Unparteiischen unter Entscheidungsdruck. "Die Tendenz durch den VAR geht ganz klar dahin, dass das Handspiel eher bestraft wird. Es ist schon nicht ganz verkehrt, die Hände hinter den Rücken zu nehmen, denn es ist ein Selbstschutz des Spielers. Die Wahrheit liegt nicht mehr auf dem Platz, sie liegt auf dem Fernseher."
Quelle: ntv.de