Rätsel der Astrophysik auf der Spur Galaxien sterben von innen nach außen
16.04.2015, 20:51 Uhr
Der Galaxiehaufen Abell 3827, aufgenommen vom Hubble-Teleskop am 15. April 2015.
(Foto: dpa)
Die Entstehung von Sternen kam in "toten Galaxien" vor Milliarden Jahren zum Erliegen - warum, das war Astronomen bisher ein Rätsel. Nun machen sie eine Entdeckung, die "enorm wichtig" ist, um zu verstehen, warum das Universum so aussieht wie heute.
Astronomen sind der Lösung eines wichtigen Rätsels der Astrophysik näher gekommen: Erstmals konnten Wissenschaftler zeigen, wie die Sternentstehung in sogenannten toten Galaxien vor Milliarden Jahren ins Stottern kam, wie die Europäische Südsternwarte (ESO) in Garching mitteilte. Mit einem ESO-Großteleskop in Chile und dem amerikanisch-europäischen Weltraumteleskop "Hubble" fanden die Forscher heraus, dass die Sternentstehung zuerst im Kern dieser großer Galaxien nachließ und erst danach in ihren Außenbereichen - sie starben sozusagen von innen nach außen.
Die Astronomen berichten über ihre Forschungsergebnisse in der Fachzeitschrift "Sciene". Bei den untersuchten Galaxien handelt es sich um massereiche, inaktive elliptische Sterneninseln, die im heutigen Universum sehr häufig sind. Diese Galaxien sind in ihren Kernregionen zehn Mal so dicht mit Sternen besiedelt wie unsere spiralförmige Heimatgalaxie.
Zehnfache Masse unserer Milchstraße
Sie haben auch die rund zehnfache Masse unserer Milchstraße und enthalten "etwa die Hälfte aller Sterne, die im Universum während seiner gesamten Existenz entstanden sind", wie der Schweizer Forscher Sandro Tacchella erläuterte. "Wir können nicht behaupten, zu verstehen, wie sich das Universum entwickelt hat und zu dem wurde, was wir heute von ihm sehen, bis wir wissen, wie diese Galaxien sich entwickelt haben", fügte der Wissenschaftler aus Zürich hinzu.
Eine Theorie über die gestoppte Sternentstehung in elliptischen Galaxien besagt, dass in diesen Sternensystemen die zur Sternbildung nötige Materie von einem reißenden Energiestrom zerstreut wird. Dieser Energiestrom stammt demnach aus dem supermassereichen Schwarzen Loch im Galaxienkern, das Materie in sich hineinschaufelt. Eine andere Vermutung legt nahe, dass der Zufluss von frischem Gas in die Galaxie aufhört und die Sterneninsel deshalb regelrecht verhungert - weil ihr der Nachschub für die Entstehung neuer Sterne fehlt.
"Es gibt viele unterschiedliche theoretische Vorschläge für den physikalischen Mechanismus, der zum Tod der massereichen elliptischen Galaxien führte", erklärte die Wissenschaftlerin Natascha Förster Schreiber vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching. "Die Entdeckung, dass die Sternentstehung vom Zentrum ausgehend nach außen verlöscht ist, ist enorm wichtig für das Verständnis dafür, wie es dazu kam, dass das Universum so aussieht, wie es heute der Fall ist."
Quelle: ntv.de, abe/AFP