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Neue einfache Frühwarnmethode? Gehirnscan erkennt Demenz Jahre im Voraus

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Spezielle MRT-Scans zeigen Veränderungen in den für Demenz typischen Hirnregionen.

Spezielle MRT-Scans zeigen Veränderungen in den für Demenz typischen Hirnregionen.

(Foto: picture alliance / Image Source)

Je früher eine Demenz diagnostiziert wird, desto besser stehen die Behandlungschancen. Britische Forschende haben nun eine Methode entwickelt, die die Früherkennung deutlich verbessern könnte: einen Gehirnscan, der nur zehn Minuten dauert.

Verwirrtheit, Sprachstörungen, Gedächtnisaussetzer - wenn sich diese Symptome bemerkbar machen, ist eine Demenz meist schon fortgeschritten. Heilbar ist die Krankheit bis heute nicht, mit bestimmten Medikamenten lässt sich der Verlauf aber zumindest verlangsamen. Das Problem: Oft wird eine Demenz erst sehr spät erkannt. Das schmälert die Behandlungschancen. Britische Forschende haben nun eine Methode entwickelt, die die Früherkennung deutlich verbessern könnte.

Es handelt sich dabei um einen Gehirnscan, der nur zehn Minuten dauern soll. Der Studie zufolge, die in der Fachzeitschrift "Nature Mental Health" erschienen ist, könnte der Gehirnscan der mit einer sogenannten funktionellen Magnetresonanztomografie, kurz fMRT, erstellt wird, eine Demenz mehrere Jahre vor dem Auftreten von Symptomen erkennen.

"Wir wissen seit Langem, dass sich die Funktion des Gehirns viele Jahre vor dem Auftreten von Demenzsymptomen zu verändern beginnt", sagt Studienleiter Charles Marshall von der Queen Mary University of London. "Dies könnte uns helfen, diese Veränderungen mithilfe eines MRT-Scans genauer zu erkennen."

Veränderungen in bestimmten Hirnregionen

Für ihre Studie untersuchte das Team um Marschall Gehirnscans von 1100 Patientinnen und Patienten aus der UK Biobank. Diese wurden mithilfe einer fMRT durchgeführt, um Veränderungen im "Default Mode Network" (DMN) des Gehirns festzustellen. DMN bezeichnet eine Gruppe von Gehirnregionen, die beim Nichtstun aktiv werden und beim Lösen von Aufgaben deaktiviert werden. Der Scan misst die Wechselbeziehungen zwischen diesen verschiedenen Regionen, während der Proband still liegt, ohne eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Dieses neuronale Netzwerk ist bekanntermaßen bei einer Demenz als Erstes betroffen.

Anhand der Scans ordnete das Forschungsteam jedem Patienten und jeder Patientin einen individuellen Risikowert zu, der besagte, wie gefährdet sie waren, an Demenz zu erkranken. Diese Vorhersagen glichen sie anschließend mit den tatsächlichen medizinischen Daten der einzelnen Personen ab. Das Ergebnis: Ihr Modell konnte das Auftreten von Demenz bis zu neun Jahre vor der offiziellen Diagnose mit einer Genauigkeit von mehr als 80 Prozent vorhersagen.

Die Forschenden untersuchten auch, ob die Veränderungen im DMN durch bekannte Risikofaktoren verursacht werden könnten. Ihre Analyse zeigte, dass das genetische Risiko für Demenz stark mit Veränderungen der Konnektivität in den Hirnregionen verbunden war. Das unterstütze die Vermutung, dass diese Veränderungen spezifisch für die Alzheimer-Krankheit sind, heißt es in der Studie. Zudem fand das Team heraus, dass auch soziale Isolation das Demenzrisiko durch ihre Auswirkungen auf die Konnektivität im DMN erhöhen kann.

Ergebnisse sind "vielversprechend"

"Die Vorhersage, wer in Zukunft an Demenz erkranken wird, ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Behandlungen, die den irreversiblen Verlust von Gehirnzellen verhindern können, der die Symptome der Demenz verursacht", sagt Studienleiter Marshall. Zusammen mit kürzlich entwickelten Bluttests, die auf Proteine im Gehirn abzielen, könnten Gehirnscans in Zukunft eine zuverlässige Methode sein, eine drohende Demenz frühzeitig zu erkennen.

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Sebastian Walsh, der sich an der Universität Cambridge mit Ansätzen zur Demenzprävention im Bereich der öffentlichen Gesundheit befasst und nicht an der Studie beteiligt war, bezeichnete die Ergebnisse als "vielversprechend", fügte jedoch hinzu, dass mehrere Faktoren weiter untersucht werden müssten. Der Neurologe wies darauf hin, dass bei den etwa 100 untersuchten Personen, die tatsächlich an Demenz erkrankten, die durchschnittliche Zeitspanne zwischen dem Scan und der Diagnose 3,7 Jahre betrug. Angesichts der langsamen Diagnosezeiten im Vereinigten Königreich könnten einige dieser Teilnehmer zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits kognitive Beeinträchtigungen gehabt haben.

"Bevor wir wirklich sicher sein können, dass diese Technologie den Ausbruch einer Demenz vorhersagen kann und nicht nur ein Frühindikator für das Vorhandensein einer Demenz ist, müssen wir diese Ergebnisse in größeren Stichproben mit einer viel längeren Zeitspanne zwischen dem Scan und dem Auftreten kognitiver Symptome nachweisen", sagt Walsh.

Quelle: ntv.de

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