Frösche finden es abscheulich Warum Käfer und Wanzen auf Partnerlook setzen
06.06.2023, 17:34 Uhr Artikel anhörenHeißes Gift oder Stechwerkzeug: Obwohl eine Raubwanze zu einer ganz anderen biologischen Familie als der Bombardierkäfer gehört, verfügen beide Arten über wirkungsvolle Abwehrmechanismen. Doch nicht nur diese bringen echte Überlebensvorteile, sondern auch die Ähnlichkeiten der beiden Insekten.
Der eine stinkt, der andere sticht - optisch aber gleichen sich ein Bombardierkäfer und eine Raubwanze immens. Davon profitieren beide in Asien vorkommenden Insekten, wie Forscher im Fachjournal "PeerJ" berichten. Macht ein Frosch mit einem Exemplar der einen Art unangenehme Bekanntschaft, wendet er sich auch von einem Tier der anderen Art oft angewidert ab.

In Japan haben sich zwei wehrhafte Arten ein äußerst ähnliches Outfit zugelegt - und profitieren nun beide.
(Foto: Shinji Sugiura)
Shinji Sugiura von der Universität Kobe und Masakazu Hayashi von der Hoshizaki Green Foundation hatten den Bombardierkäfer Pheropsophus occipitalis jessoensis - im Volksmund "furzender Käfer" genannt - und die Wanze Sirthenea flavipes untersucht. Sie teilen sich in bestimmten Regionen Asiens einen Lebensraum und weisen eine bräunlich-schwarze Färbung mit sehr ähnlicher Musterung auf.
Ihr Leben verteidigen beide auf verschiedene Weise: Bombardierkäfer stoßen explosionsartig etwa 100 Grad heiße, giftige Chemikalien aus, um Feinde abzuschrecken. Die Wanze hingegen sticht mit ihrem Rüssel mit solcher Wucht zu, dass es auch beim Menschen starke Schmerzen verursacht.
Frösche spucken Beute wieder aus
Die Forscher setzten in kleine Becken jeweils eines der Insekten zu einem typischen Räuber aus der Umgebung der Tiere, dem unter anderem in Reisfeldern lebenden Teichfrosch Pelophylax nigromaculatus. Sowohl Wanze als auch Käfer wurden von den Fröschen in vielen Fällen zunächst geschnappt, dann aber meist recht zügig wieder ausgespuckt. Der giftig-heißen Gegenwehr des Käfers wollten sich die Angreifer dabei oft rascher wieder entledigen als der stechenden Raubwanze im Maul. Die Bombardierkäfer wurden in der Bilanz von allen 20 getesteten Fröschen verschmäht, die Wanzen von drei Vierteln der Frösche letztlich nicht gefressen.
Bei ihren Versuchen stellten die Forscher auch fest: Frösche, die kurz davor bereits mit einer der beiden Insektenarten in Berührung gekommen waren, griffen die andere mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit an. Beide Spezies ziehen also einen Nutzen aus der immensen Ähnlichkeit. Hatte ein Frosch zum Beispiel schon einmal eine unangenehme Begegnung mit der Raubwanze, schnappt er anschließend auch seltener nach vorbeilaufenden Bombardierkäfern.
Die Forschenden geben dabei zu bedenken, dass die jeweils andere Art dem Frosch in vergleichsweise kurzem Abstand vorgesetzt wurde. Wie lange der Abschreckungseffekt in der Natur erhalten bleibe, sei unklar.
In vielen Fällen habe ein Frosch zudem Käfer oder Wanze sofort wieder ausgespuckt, bevor diese heißes Gift versprühten oder zustachen. Womöglich gebe es abschreckende Merkmale wie bestimmte Substanzen auf den Körperoberflächen beider Insekten, die ein Frosch mit seiner Zunge erspüre.
Solche Wechselbeziehungen werden Mutualismus genannt
Biologen haben für eine Wechselbeziehung zweier Arten, aus denen wie Käfer und Wanze beide einen Nutzen ziehen, den Fachbegriff Mutualismus. Weitere Beispiele dafür sind Blattläuse, die sich von Ameisen quasi als Milchvieh halten lassen und dafür von diesen beschützt und gehegt werden; oder auch Clownfische, die in schützenden, weil giftigen Seeanemonen leben und diese im Gegenzug sauber halten sowie ihnen Frischwasser zufächeln.
Dem Frosch Pelophylax nigromaculatus wird im Übrigen auch von einer anderen potenziellen Beute übel mitgespielt: Zu den Insekten in seinem Lebensraum gehört der Wasserkäfer Regimbartia attenuata. Der besitzt zwar weder heißes Gift noch ein Stechwerkzeug, übersteht Attacken aber dennoch oft unbeschadet. Wird er von einem Jäger wie dem Teichfrosch verschluckt, regt er dessen Stuhlgang an und gelangt rasch wieder unversehrt ins Freie, wie eine Gruppe um Sugiura 2020 im Fachjournal "Current Biology" berichtete. In Laborversuchen wurden demnach 93 Prozent der Käfer nach bis zu sechs Stunden intakt wieder ausgeschieden, alle waren sie putzmunter.
Quelle: ntv.de, Annette Stein, dpa