Teuer, schwierig, gefährlich Wieso wollen jetzt alle wieder auf dem Mond landen?


Schon bald sollen nach über 50 Jahren wieder Astronauten den Mond betreten.
(Foto: IMAGO/CHROMORANGE)
Nachdem der Mond jahrzehntelang beiseitegelassen wurde, steht er jetzt wieder im Mittelpunkt der Weltraumforschung. Die USA, Europa, China, Indien und Russland planen sogar wieder bemannte Missionen zum Erdtrabanten. Warum ist das so, was macht den Mond jetzt wieder so interessant?
1972, also vor mehr als 50 Jahren, fand mit Apollo 17 die letzte bemannte Mondmission statt. Danach erlahmte das Interesse an dem Erdtrabanten, unter anderem wegen der enorm hohen Kosten. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Erst kürzlich gelang Japan, eine unbemannte Fähre auf dem Mond zu landen, vergangenen August schaffte dies bereits Indien. China hat schon 2013 und 2019 erfolgreiche Landungen durchgeführt, und jetzt ist mit der "Nova-C" erstmals auch eine kommerzielle Mondlandung gelungen. Gefährlich, aufwendig und teuer ist das immer noch, warum also wollen jetzt wieder alle zum Mond?
Wie schon in den 1960er-Jahren spielt natürlich auch jetzt Prestige und Rivalität eine Rolle, einfach zu zeigen, dass man es kann und zu den großen Technologie-Nationen gehört. Doch es gibt auch handfeste Gründe, warum der Mond wieder im Mittelpunkt der Weltraumforschung steht.
Etappe zum Mars
So soll der Mond nur eine Etappe für Reisen zum Mars werden. Das ist das große Ziel des Artemis-Programms der US-Raumfahrtbehörde NASA. Zusammen mit internationalen Partnern soll dafür ein dauerhaftes Basislager auf dem Erdtrabant errichtet werden. Eine Raumstation in dessen Umlaufbahn (Lunar Gateway) soll laut dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als "Umsteigebahnhof" zwischen Raumfähre und Mondstation dienen.
"Immer, wenn man heutzutage über den Mond redet, ist der Mars auch im Fokus", sagte Thomas Uhlig vom Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen dem BR. "Ich kann auf dem Mond Fähigkeiten und Technologien entwickeln und testen, die man braucht, um weiter in das Universum vorzudringen, in Richtung Mars."
Ein weiteres Ziel ist es, Mars-Raketen mithilfe von örtlichen Ressourcen auf dem Mond zusammenzubauen und von dort zu starten. Da der Mond nur ein Sechstel der Erdanziehungskraft hat, müsste man nur einen Bruchteil der Energie aufwenden.
Bemannte Missionen ab 2026 geplant
2022 war der erste Schritt mit Artemis 1 die Erprobung des unbemannten Raumschiffs "Orion". Artemis 2 soll im Herbst 2025 mit einer Crew den Mond umrunden, Artemis 3 soll bereits ein Jahr später Menschen auf den Erdtrabant bringen. Deutschland, die europäische Raumfahrorganisation ESA und zahlreiche andere Staaten beteiligen sich am Artemis-Programm.
Größter Konkurrent ist China, das schon 2030 den Bau seiner Mondstation International Lunar Research Station (ILRS) beginnen will. Auch die Volksrepublik arbeitet mit Partnerländern zusammen, unter anderem Belarus, Aserbaidschan und Pakistan. Russland ist eigentlich Mit-Initiator des Projekts, seine Rolle ist derzeit aber ungewiss.
Die chinesische Station und wahrscheinlich auch die der NASA sollen am Südpol des Mondes entstehen. Denn dort wird in tiefen Kratern gefrorenes Wasser vermutet. Da es nicht in großen Mengen von der Erde zum Mond gebracht werden kann, ist dies essenziell für die Versorgung der Stationen, aber auch für eine kommende Marsmission. Das Wasser könnte dafür auch mit Solarstrom über Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt und damit für die Gewinnung von Atemluft und Treibstoff genutzt werden.
Damit könnte man nicht nur Mars-Raketen auftanken. Elektrizität, Treib- und Sauerstoff werden auch benötigt, um die Station selbst zu errichten. Wie Wasser kann man auch keine großen Mengen Baumaterial zum Erdtrabant transportieren. Dabei könnte Mondstaub (Regolith) eine zentrale Rolle spielen. Denn daraus soll man unter anderem mithilfe eines Solarlicht-3D-Druckers Baumaterial wie Ziegelsteine produzieren können. Es ist sogar geplant, Solarzellen aus Regolith herzustellen.
Forschung und Kommerz

So stellt sich Vast vor, dass eine SpaceX-Dragon-Rakete an der Raumstation Haven-1 andockt.
(Foto: Vast)
Nico Dettmann, Leiter der Gruppe Monderkundung bei der ESA, nannte der "Frankfurter Rundschau" einen weiteren Grund für den Bau der Basis in der Polarregion des Mondes. Die Krater dort seien durch Meteoriten-Einschläge entstanden, sagt er. Daher befänden sich an deren Boden Materialien, aus deren Proben man weitere Erkenntnisse über den Ursprung des Universums gewinnen könnte.
Kommerzielle Unternehmen wie das hinter "Nova-C" stehende Intuitive Machines sind daran vermutlich weniger interessiert. Aber es lohnt sich für sie. Die NASA arbeitet im Rahmen der Initiative Commercial Lunar Payload Services (CLPS) mit mehreren privaten Anbietern zusammen, um Material und Ausrüstung zu transportieren, aber auch wissenschaftliche Experimente durchzuführen, Technologien zu testen und Fähigkeiten zu demonstrieren. Bis 2028 gibt die NASA dafür umgerechnet bis zu 2,4 Milliarden Euro aus.
Kommerzielle Unternehmen könnten in der Zukunft auch Konzessionen zum Abbau von Ressourcen auf dem Mond erhalten. Man denkt sogar schon an die Infrastruktur. So wollen mehrere Unternehmen den Mond mit schnellem Internet versorgen. Nokia plant, möglichst bald ein 4G-Netz für die Artemis-Mission aufzuspannen.
Nachdem schon Weltraum-Touristen zur Raumstation ISS gestartet sind, kann man davon ausgehen, dass irgendwann auch Menschen, die es sich leisten können, zum Mond reisen. Der nächste Schritt dorthin könnte die von der US-Firma Vast für 2025 angekündigte erste kommerzielle Raumstation namens "Haven-1" sein.
Quelle: ntv.de