Ausgeklügelte Zeiteinteilung Stücke von Ritualkalender der Maya ausgegraben
14.04.2022, 11:32 Uhr
Die ausgegrabenen Fragmente sind von großer Bedeutung für die Archäologen.
(Foto: Karl Taube, courtesy of the Proyecto Regional Arqueológico San Bartolo-Xultun)
Die Hochkultur der Maya bringt mehrere Formen der Zeitenrechnung hervor. Neben dem Sonnenkalender, der 365 Tage umfasst, gibt es auch einen Ritualkalender mit 260 Tagen. Den bisher ältesten Beweis für diese Art Kalender legt ein Archäologen-Team nun frei.
In Guatemala haben Forscherinnen und Forscher nach eigenen Angaben den bislang ältesten eindeutigen Beleg für den Maya-Kalender gefunden. Im Pyramidenkomplex der Maya-Stätte San Bartolo fand das Team zwei Kalkputz-Fragmente aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, mit einem aufgemalten Datum des Ritualkalenders. Nach Analyse der Funde geht das Team um David Stuart von der University of Texas in Austin davon aus, dass der Kalender zu jener Zeit schon länger in Gebrauch war.
Die mittelamerikanische Maya-Kultur, die vom heutigen südlichen Mexiko über Guatemala und Belize bis nach Honduras und El Salvador reichte, hatte ein ausgeklügeltes System zur Zeitrechnung. Eine besondere Rolle spielt darin neben dem 365-tägigen Sonnenkalender der Ritualkalender mit einem Zyklus von 260 Tagen - 13 Monate zu jeweils 20 Tagen. Dieser sogenannte Tzolkin-Kalender wird in vielen Gegenden Mittelamerikas bis heute genutzt.
Fragmente aus bekannter Grabungsstätte
Die nun vorgestellten Fragmente entdeckte das Team in der Maya-Stätte San Bartolo, die nahe der einstigen Maya-Metropole Tikal im Norden von Guatemala liegt. Der dortige Komplex Las Pinturas umfasst eine Pyramide samt Plattform und Ballspielfeld. Der Komplex wurde in der Zeit von 400 vor Christus bis etwa 200 nach Christus mehrfach erweitert, aufgeschüttet und deutlich vergrößert. Dabei wurde ältere Baumasse als Füllmaterial für das jeweils neue Fundament genutzt.
In der drittältesten Schicht hatte das Team um Stuart bereits vor Jahren Hieroglyphen entdeckt, die zu den frühesten Belegen für Schrift in Mittelamerika zählen. In dieser Schicht fand das Team indessen an anderer Stelle Hunderte Kalkputz-Fragmente, die bemalt oder anders verziert waren.
Dazu zählen die beiden Fragmente mit der Nummer 4778, die zusammen nur wenige Zentimeter breit und rund 10 Zentimeter hoch sind: Sie zeigen einen stilisierten Hirschkopf (Manik) und darüber das Symbol für die Zahl 7. Da der Ritualkalender eine von 13 Zahlen mit einem von 20 Symbolen kombiniert, zeigt das Fragment den Tag "7 Hirsch".
Radiokarbonmethode datiert Fundstücke
Mit der Radiokarbonmethode, auch als C14-Methode bekannt, datierte das Team das Fragment auf die Zeit zwischen 300 v. Chr. und 200 v. Chr. Dies sei "der früheste Hinweis auf diesen Kalender in der Maya-Region", schreiben sie. Die bislang frühesten eindeutigen Belege stammen demnach aus der Zeit um das Jahr 100 v. Chr.
Die Hieroglyphen zeigen nach Ansicht der Forscher, dass der 260-tägige Ritualkalender schon zu Beginn der Späten Präklassik (400 v. Chr bis 200 n. Chr.) in Gebrauch war - und auch damals wohl schon seit längerer Zeit. Die in anderen Hieroglyphen leicht voneinander abweichenden Schreibstile deuten die Forscher als Beleg für diverse individuelle "Handschriften". Daraus schließen sie, dass es schon damals in San Bartolo eine Gruppe von Schreibern gab. Dies und die bereits ausgereifte damalige Symbolik der Bildzeichen deuten demnach darauf hin, dass der Kalender schon in der Phase der Mittleren Präklassik (900 v. Chr. bis 400 v. Chr.) entstanden sei - möglicherweise sogar noch früher.
Die meisten Maya-Zentren wurden um das 10. Jahrhundert aufgegeben, doch viele Teile der Kultur sind immer noch erhalten. Dass der Ritualkalender seit mindestens 2300 Jahren bis heute in Mittelamerika genutzt werde, belege seine überragende Bedeutung im religiösen wie auch im sozialen Leben der Menschen, betont das Team.
Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa