Wenn Geld für das Heim fehlt BGH: Wer 133.000 Euro im Jahr verdient, muss für seine Eltern zahlen
04.12.2024, 16:35 Uhr Artikel anhören
Elternunterhalt: Ab einem bestimmten Einkommen müssen Kinder für die Pflegeheimkosten ihrer Eltern aufkommen.
(Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-tmn)
Ein Platz im Pflegeheim ist teuer. Aber wer muss zahlen, wenn Rente und Pflegeversicherung der Hilfsbedürftigen nicht ausreichen? Der BGH hat sich angeschaut, wann Kinder für ihre Eltern zahlen müssen und die Auslegung eines Oberlandesgerichts revidiert.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat sich mit der Frage beschäftigt, in welchem Umfang erwachsene Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen müssen. Im konkreten Fall ging es darum, ob ein Mann für die Unterbringung seiner pflegebedürftigen Mutter in einer vollstationären Pflegeeinrichtung zahlen muss. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte das mit Verweis auf das unterhaltsrelevante Nettoeinkommen des Mannes verneint. Doch der BGH sieht Fehler in dem angewendeten Bemessungsansatz (Az.: XII ZB 6/24).
Wenn Pflegebedürftige etwa ihre Heimkosten nicht selbst tragen können, springt zunächst das Sozialamt ein. In bestimmten Fällen holt es sich das Geld aber zumindest teilweise von unterhaltspflichtigen Familienmitgliedern zurück. Mit dem sogenannten Angehörigen-Entlastungsgesetz wurden 2019 viele betroffene Kinder pflegebedürftiger Eltern entlastet. Seitdem muss nur noch Unterhalt zahlen, wer mehr als 100.000 Euro brutto pro Jahr verdient.
OLG-Urteil hielt höchstrichterlicher Prüfung nicht stand
Obwohl der Sohn in dem in Düsseldorf verhandelten Fall ein Jahreseinkommen von rund 133.000 brutto hatte, hielt das OLG ihn für nicht leistungsfähig. Das Gericht argumentierte, der Mindestselbstbehalt, der dem Unterhaltspflichtigen als notwendiger Eigenbedarf belassen wird, müsse sich an dem Nettobetrag orientieren, der sich aus einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben errechne. Somit sei ein Selbstbehalt von 5000 Euro für Alleinstehende und ein Familienselbstbehalt von 9000 Euro für Verheiratete angemessen. Der verheiratete Mann sei mit monatlichen Nettoeinkünften von rund 5400 bis 6200 Euro nicht leistungsfähig.
Das höchste deutsche Zivilgericht folgte der Einschätzung der Düsseldorfer Richterinnen und Richter nun aber nicht. Die vom OLG für angemessen erachtete Ausrichtung des Mindestselbstbehalts beruhe auf einem unterhaltsrechtlich systemfremden Bemessungsansatz, der in dieser Weise auch mit Wertungen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes nicht gerechtfertigt werden könne, denn ein so hoher Selbstbehalt würde dazu führen, dass die Grenze von 100.000 Euro Jahreseinkommen für den Elternunterhalt erheblich erhöht würde, erklärte der BGH.
Das Gericht verwies die Sache zurück nach Düsseldorf. Für das weitere Verfahren stellte der Karlsruher Senat unter anderem klar, dass die in Leitlinien einiger OLG über das Jahr 2020 hinaus bezifferten Mindestselbsthalte - zuletzt 2650 Euro für das Jahr 2024 - derzeit keinen rechtlichen Bedenken begegnen. Es sei zudem auch nicht zu beanstanden, wenn dem unterhaltspflichtigen Kind vom über dem Einkommen liegenden Selbstbehalt etwa 70 Prozent blieben.
Quelle: ntv.de, awi/dpa