Steuern bei Photovoltaik-Anlagen Deutliche Verbesserung bei Solarstrom
20.06.2023, 12:43 Uhr Artikel anhören
Als begünstigte Anlagen gelten alle bis zu einer Bruttoleistung von 30 kW (Peak), egal auf welchem Gebäude sie sich befinden.
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Wärmepumpen sind eigentlich nur zusammen mit Photovoltaik-Anlagen sinnvoll. Für diese gelten seit Jahresanfang neue steuerliche Regeln. Tatsächlich gibt es eine spürbare Entlastung.
Im ersten Quartal stammten 30 Prozent des in Deutschland produzierten Stroms von Kohlekraftwerken. Dazu kamen noch Lieferungen von Gas- und Kernkraftwerken, so das Statistische Bundesamt. Zwar sind die deutschen Atommeiler mittlerweile vom Netz gegangen. Deutschland bezieht aber weiter Atomstrom aus dem europäischen Ausland.
Dr. Michael Bormann ist Steuerexperte und seit 1992 Gründungspartner der Sozietät BDP Bormann Demant & Partner.
(Foto: Michael Bormann)
Wenn rund die Hälfte des Stroms von konventionellen Kraftwerken stammt, reduziert sich die Entlastung der Umwelt durch den Einsatz von Wärmepumpen erheblich. Vor diesem Hintergrund scheint es logisch, dass die Bundesregierung durch steuerliche Anreize den Einsatz Photovoltaik-Anlagen antreiben möchte.
Tatsächlich boomen derzeit sogenannte Balkonkraftwerke, also kleinere Photovoltaik-Anlagen, die vergleichsweise wenig kosten und sich recht einfach installieren lassen. Neben den immer noch hohen Strompreisen ist vor allem eine steuerliche Entlastung für diese Entwicklung verantwortlich. Und diese kann sich durchaus sehen lassen.
Neuer Umsatzsteuersatz von null Prozent
Der Gesetzgeber hat in Deutschland zum Jahresanfang einen dritten Umsatzsteuersatz eingeführt, nämlich null Prozent. Neben dem regulären Satz von 19 und dem verminderten von 7 Prozent, zum Beispiel für Lebensmittel.
Der Satz von null Prozent gilt seit Jahresanfang für die Solarmodule, anderer Komponenten wie Wechselrichter und Speicher sowie die Installation. Unter dem Strich gilt für die gesamten Kosten einer Photovoltaik-Anlage ein Umsatzsteuersatz von null Prozent. Es wird von umsatzsteuerfrei gesprochen. Das ist aber nicht richtig. Dieser Steuersatz gilt für alle Lieferungen und Installationen, die seit dem 1. Januar 2023 erfolgt sind oder noch erfolgen. Es gilt der Lieferzeitpunkt beziehungsweise der Zeitpunkt der Anlagenfertigstellung. Wurden im vergangenen Jahr bereits Anzahlungen mit Umsatzsteuer geleistet, sind diese zu korrigieren.
Als begünstigte Anlagen gelten alle bis zu einer Bruttoleistung von 30 kW (Peak), egal auf welchem Gebäude sie sich befinden. Bei größeren Anlagen müssen diese auf einem Haus, das Wohnzwecken dient, installiert werden oder bereits vorhanden sein. Dieses sind Privatwohnungen, Einfamilienhäuser und Mietshäuser. Es reicht aus, wenn sich im Haus eine eigen- oder fremdgenutzte Wohnung befindet. Weiterhin sind auch Anlagen auf Gebäuden begünstigt, die dem Gemeinwohl dienen, zum Beispiel auf Schulen und Krankenhäusern.
Die Umsatzsteuersenkung auf null Prozent fällt ins Gewicht. Bei einer Anlage für beispielsweise 15.000 Euro für ein Einfamilienhaus ergibt sich eine Ersparnis von immerhin 2850 Euro.
Keine Einkommenssteuer seit 2022
Bei der Einkommensteuer wird der Betrieb einer Anlage bereits seit dem Jahr 2022 steuerfrei gestellt. Dies betrifft alle Anlagen auf Dächern bis zu einer installierten Bruttoleistung nach Markenstammdatenregister von 30 kW (Peak). Bei Häusern mit mehreren Wohn- beziehungsweise Gewerbeeinheiten liegt die Grenze bei 15 kW (Peak) je Einheit.
Insgesamt gibt es eine Obergrenze. Für die Steuerfreiheit darf man nur Anlagen mit einer Gesamtleistung von maximal 100 kW (Peak) betreiben. Dabei sind Personengesellschaften wie GbRs einzeln zu betrachten. Von den Grenzen der Steuerfreiheit werden wohl mindestens 90 Prozent der Photovoltaikanlagen auf den Dächern umfasst.
Folge der gesetzlichen Regelung ist, dass seit dem Veranlagungsjahr 2022 die Einnahmen aus dem Verkauf beziehungsweise der Einspeisung des selbst produzierten Stroms und auch der private Verbrauch nicht mehr bei der Einkommenssteuer versteuert werden müssen. Sie sind steuerfrei. Umgekehrt dürfen natürlich auch keine Kosten mehr, zum Beispiel Abschreibungen, steuerlich abgesetzt werden. Diese Regelung gilt für alle Anlagen, auch für Altanlagen. Es gibt kein Wahlrecht. Wurden bisher Verluste, zum Beispiel aufgrund von Sonderabschreibungen, steuerlich bis 2021 berücksichtigt, werden diese rückwirkend nicht geändert. Für Neuanlagen ab 2022 gibt es diese dann aber nicht mehr.
PV-Anlagen auf Gewerbegebäuden
Besteht eine Anlage auf dem Dach des eigenen Gewerbebetriebs, wie auf einer Halle, und wird ein Teil des Stroms für den eigenen Betrieb genutzt und ein Teil eingespeist, sind die Einnahmen aus der Einspeisung ebenfalls steuerfrei. Bei den Kosten muss eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Stromnutzung gemacht werden. Die Kosten auf den Teil der Selbstnutzung im Betrieb sind steuerlich weiter abzugsfähig.
Die Steuerfreiheit und die Aufteilung bei eigenbetrieblicher Nutzung gelten auch für Anlagen einer Kapitalgesellschaft, zum Beispiel für eine GmbH oder AG. Sie gelten nicht für Freiflächenanlagen.
Betreiber bleiben Unternehmer
Umsatzsteuerlich bleibt man als Betreiber mit der Einspeisung des Stroms Unternehmer. Die Einspeisevergütung ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Ist man ansonsten kein Regelunternehmer, gilt die Kleinunternehmerregelung und es muss keine Umsatzsteuer abgeführt werden. Dies ist dem Stromabnehmer mitzuteilen.
Bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist auch auf den selbst verbrauchten Strom keine Umsatzsteuer mehr zu zahlen. Für Altanlagen dagegen bleibt die Umsatzsteuerpflicht mindestens fünf Jahre erhalten. Es besteht aber die Möglichkeit, wenn ein (Strom-)Speicher vorhanden ist, gegenüber dem Finanzamt zu erklären, dass die Anlage aus dem umsatzsteuerlichen Vermögen entnommen wird.
Diese Entnahme ist auch mit dem Umsatzsteuersatz von null Prozent, also nicht zu versteuern. Der ursprüngliche Vorsteuerabzug bleibt dagegen bestehen. Danach muss zwar für die Einspeisevergütung weiterhin Umsatzsteuer abgeführt werden, aber nicht mehr für den selbstverbrauchten Strom. Die gesetzlichen Neuregelungen sind ein großer Schritt zur Vereinfachung und zum Bürokratieabbau im Bereich Photovoltaik.
Dr. Michael Bormann ist Steuerexperte und seit 1992 Gründungspartner der Sozietät BDP Bormann Demant & Partner, bdp-team.de. Schwerpunkte seiner Tätigkeiten sind neben Steuern die Bereiche Finanzierungsberatung sowie das Sanierungs- und Krisenmanagement bei mittelständischen Firmen.
Quelle: ntv.de