Anleihen, Bitcoin und Gold Was Anleger 2026 erwartet

Gold hat auch in diesem Jahr überzeugt, Bitcoin dagegen nicht. Und in den USA wollen die Zinsen nicht sinken, was die Kurse der Staatsanleihen belastet. Vier Finanzexperten sagen, wie sich Anleger in diesem Umfeld positionieren sollten.
ntv.de: Gold scheint mit kurzen Unterbrechungen nicht zu stoppen zu sein. Ist da langsam die Luft draußen oder sehen wir weiter steigende Preise?
Reinhard Pfingsten: In den vergangenen Jahren haben Notenbanken jährlich circa 1000 Tonnen Gold gekauft. Bei einem Preis pro Unze von 4000 US-Dollar entspricht dies einem Gegenwert von 125 Milliarden Dollar. Wenn man bedenkt, dass allein China Devisenreserven in Höhe von rund 30 Billionen Dollar hat, sollte die Nachfrage noch eine Weile anhalten.
Michael Wittek: Sicherlich wird es nicht in dem Tempo der vergangenen zwei Jahre weitergehen. Das Umfeld für Gold ist jedoch weiterhin gut.
Marco Herrmann: Außerdem haben Finanzinvestoren Nachholbedarf, denn gemäß einer Studie der Bank of America halten ihre Privatkunden im Schnitt nur rund 0,5 Prozent ihres Vermögens in Gold. Für einen spürbaren Diversifikationseffekt wäre ein Portfolioanteil von fünf bis zehn Prozent nötig. Kurzfristige Rückschläge, die zu jedem Bullenmarkt gehören, bieten eher Kaufgelegenheiten als Anlass zur Sorge.
Oliver Zastrow: Ein Preisanstieg zwischen 10 und 20 Prozent auf bis zu 5000 US-Dollar je Unze erscheint realistisch, solange Zentralbanken, ETF-Investoren und die Geldpolitik den Markt stützen.
Vor allem die Notenbanken der Schwellenländer haben Gold gekauft, um unabhängiger vom US-Dollar zu werden. Wird diese Entwicklung weitergehen?
Herrmann: Ja, die Nachfrage der Notenbanken wird hoch bleiben, weil sie ihre Devisen-Reserven nicht im US-Dollar halten möchten.
Wittek: Da Länder wie China bereits eine große Menge an amerikanischen Staatsanleihen verkauft und in Gold quasi umgewandelt haben, wäre eine Verlangsamung jedoch keine Überraschung.
Zastrow: Die sogenannte Entdollarisierung scheint ein langfristiger Trend zu sein, mittels dem sich vor allem China unabhängiger vom US-Anleihenmarkt machen möchte.
Der Dollar hat in diesem Jahr stark abgewertet, was auch die Goldnachfrage unterstützt haben dürfte. Seit dem Sommer entwickelt sich der Greenback jedoch stabil. Spricht das nicht gegen den Goldpreis?
Pfingsten: Wir gehen davon aus, dass der Greenback im kommenden Jahr sich weiter abschwächen wird. Unsere aktuelle 12-Monats-Prognose für den US-Dollar gegenüber dem Euro lautet 1,22.
Zastrow: Es stehen für 2026 bis zu drei Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank Fed im Raum. Ein dadurch bedingt schwächerer Dollar und ein weiterer Vertrauensverlust internationaler Investoren in die USA sprechen deutlich für einen Anstieg des Goldpreises.
Wittek: Es zeigt sich, dass die Entwicklung des Goldpreises aktuell wenig von der Dollar-Entwicklung abhängig ist.
Ist der Rückgang des Dollarkurses mit der jüngsten Seitwärtsbewegung abgeschlossen?
Herrmann: Nein. Der Zinsvorteil des Dollars sollte über die nächsten Quartale schrumpfen, wenn die amerikanische Notenbank Fed ihre Zinssenkungen fortsetzt. Gleichzeitig kämpft Donald Trump mit allen Mitteln dafür, die Unabhängigkeit der Fed zu untergraben.
Zastrow: Ja, das stimmt. Dem steht jedoch eine möglicherweise robuste US-Wirtschaft und ein auch im kommenden Jahr positiver Aktienmarkt gegenüber. Das würde den Greenback unterstützen.
Pfingsten: Ich hatte ja schon unsere 12-Monats-Prognose für den US-Dollar von 1,22 genannt. Da sich Währungen bekanntlich schwankender entwickeln, ist eine Bandbreite von 1,20 bis 1,25 Dollar pro Euro sicherlich eine gute Planungsgröße.
Eigentlich braucht kein Mensch Gold. Wie hoch ist trotzdem die Gewichtung in den Depots Ihrer Kunden?
Wittek: Im Schnitt sind unsere Kunden mit einem Anteil von zehn Prozent des Gesamtdepots in Gold investiert.
Zastrow: Auf Wunsch setzen wir Gold als Beimischung mit fünf bis zehn Prozent des Portfolios ein. Wir beobachten allerdings ein steigendes Interesse an Gold.
Herrmann: Sofern unsere Kunden nicht anderweitig Gold halten, empfehlen wir eine Beimischung von 5 bis 7,5 Prozent.
Pfingsten: Wir haben gerade den Gold-Baustein noch einmal leicht aufgestockt und gewichten das Edelmetall jetzt mit sechs Prozent.
Im Gegensatz zu Gold hat der Bitcoin in diesem Jahr unter dem Strich enttäuscht. Handelt es sich bei der Kryptowährung also doch nicht um digitales Gold?
Pfingsten: Wer Kryptowährungen mit Gold in einem Topf wirft, macht aus unserer Sicht einen riesigen Fehler. Auch wenn Kryptowährungen anscheinend immer hoffähiger werden, berücksichtigen wir diese aufgrund ihrer starken Schwankungen und der fehlenden Substanz nicht in unseren Vermögensverwaltungsmandaten.
Herrmann: Bitcoin ist ein anderes Vehikel, da er keinen Nutzen in der Realwelt hat, zum Beispiel als Rohstoff. Der innere Wert ist daher null. Alles andere ist eine Glaubensfrage.
Wittek: Die Kryptowährungen sind eine eigene Anlageklasse. Die vom Gold abweichende Performance zeigt dies ja ganz eindrucksvoll.
Sehen wir beim Bitcoin eine Atempause vor der nächsten Preisexplosion oder geht die Korrektur weiter?
Herrmann: Das weiß man beim Bitcoin nie. Ich habe gelernt: Totgesagte leben länger.
Zastrow: Eine Preisexplosion ist ebenso möglich wie eine weitere Korrektur. Zinssenkungen erhöhen die Risikobereitschaft. Dieser Umstand könnte für einen Anstieg sprechen.
Wittek: Das sehe ich ähnlich. Sollte die Fed die Zinsen schneller senken, könnte dies den Bitcoin beflügeln.
Pfingsten: Die Preisentwicklung des Bitcoins und auch aller anderen Kryptowährungen erschließt sich für uns nicht und unterliegt mehr dem Zufallsprinzip.
Kaufen Sie für Ihre Kunden Bitcoins oder andere Kryptos und wenn ja, wie hoch ist der Anteil in den Depots?
Herrmann: Nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch.
Pfingsten: Kryptowährungen finden sich nicht als Baustein im Rahmen unserer Vermögensverwaltungsmandate wieder.
Wittek: Aktuell setzen wir den Bitcoin nicht ein.
Zastrow: Wir investieren auch nicht in Bitcoin.
Die Staatsschulden befinden sich in den USA auf Rekordniveau und steigen weiter. Wie stark belastet das den Rentenmarkt?
Wittek: Trotz der ersten Zinssenkungen der EZB und Fed fallen die Renditen der langlaufenden Staatsanleihen nicht. Ein Grund dafür sind sicherlich die steigenden Schulden.
Herrmann: Der Rentenmarkt steht zwischen Sorgen um die Tragfähigkeit der weiter steigenden Staatsschulden und Hoffnungen auf weitere Lockerungen der Geldpolitik.
Pfingsten: Für die Entwicklung der US-Renditen ist unserer Meinung nach derzeit die Geldpolitik der US-Notenbank maßgeblicher.
In den USA verlieren immer mehr Menschen durch Künstliche Intelligenz ihren Arbeitsplatz. Wird die amerikanische Notenbank Fed deshalb die Zinsen weiter senken, obwohl die Inflation weiter über ihrem Zwei-Prozent-Ziel liegt?
Zastrow: Die Fed priorisiert künftig Konjunktur und Finanzstabilität über Preisstabilität. Die Geldpolitik der USA wird unter einem durch Trump installierten Fed-Chef deutlich expansiver, fast unabhängig davon, wohin die Inflation kurzfristig läuft. Das heißt: Selbst wenn die Inflation steigt, wird die Fed die Zinsen weiter senken. Nicht wegen KI allein, aber KI-bedingte Arbeitsplatzverluste verstärken einen ohnehin schon klar erkennbaren Trend.
Herrmann: Ja genau. Die Fed hat ein Doppelmandat: Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung. Aktuell hat sie ihren Fokus auf den Arbeitsmarkt verschoben. Allerdings dürfte der politische Druck zu mehr Zinssenkungen führen als wirtschaftlich notwendig.
Wittek: Da kann ich nur zustimmen. Im Zweifel entscheidet sich die Fed für Arbeitsplätze mit höherer Inflation.
Stellen Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen eine Alternative zu Aktien dar - und wenn ja, welche Regionen bevorzugen Sie?
Herrmann: Im Anleihenbereich investieren wir derzeit nur im Euro. Der Zinsvorteil, den bonitätsstarke Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen bieten, verharrt dank solider Bilanzen zwar auf einem niedrigen, aber noch attraktiven Niveau. Daher bleibt dieses Segment im mittleren Laufzeitenbereich von uns favorisiert. Selektiv bieten sich High-Yield-Anleihen als Beimischung zur Renditesteigerung an
Pfingsten: Unternehmensanleihen gewichten wir aktuell neutral. Die zu erzielende Mehrrendite gegenüber Staatsanleihen ist historisch niedrig. Sinkende US-Leitzinsen bieten zwar Unterstützung, doch der hohe Finanzierungsaufwand für IT-Investitionen in den USA, steigende Refinanzierungsbedarfe und vereinzelte Stresssignale aus dem Bereich privater Kreditvergaben wirken belastend. Bei den Staatsanleihen gewichten wir derzeit die USA und die Schwellenländer über.
Wittek: Europäischen Unternehmensanleihen mit guten Bonitäten eignen sich als Investition. Staatsanleihen liefern zu geringe Renditen. Für die Käufe von US-Anleihen sollten Anleger einen starken US-Dollar erwarten.
Zastrow: Aufgrund der geringen Realrenditen von Anleihen guter Bonität gewichten wir Anleihen eher niedriger. Zur Stabilisierung des Portfolios kaufen wir Euro-denominierte Anleihen guter Bonität.
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