Luftreinigung ist nicht die Rettung CO2 versauert die Meere dauerhaft
03.08.2015, 17:10 Uhr
Forscher rechnen damit, dass sich die Artenzusammensetzung der Meere langfristig ändert. Die Versauerung der Meere bedroht Korallen, Muscheln und Schnecken. Das wirkt sich auf die Nahrungskette aus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der CO2-Gehalt in den Ozeanen ist so hoch wie seit mindestens 300 Millionen Jahren nicht. Kohle und Öl verbrennen in großen Mengen, Treibhausgase entstehen - sie versauern die Meere. Man könnte das CO2 aus der Luft zurückholen. Doch den Ozeanen hilft das nicht.
Treibhausgase, die bei der Verbrennung von Kohle und Öl entstehen, führen nicht nur zur Erderwärmung, sie lassen auch die Meere versauern. Täglich nehmen die Ozeane rund vier Kilogramm CO2 für jeden auf der Welt lebenden Menschen auf. Ihr Säuregehalt ist damit auf den höchsten Stand seit mindestens 300 Millionen Jahren gestiegen. Langfristig kann dies Meereslebewesen wie Korallen, Muscheln und Schnecken bedrohen, weil die Versauerung die Bildung von Kalkschalen und Skeletten beeinträchtigt. Dies würde die Artenvielfalt und die Nahrungsketten gefährden.
Um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden, ist Geo-Engineering im Gespräch. Das Erdsystem und die klimatischen Zusammenhänge lassen sich technisch manipulieren. So könnte man beispielsweise den CO2-Gehalt in der Luft nachträglich reduzieren. Die Schornsteine würden das Treibhausgas also weiterhin in die Atmosphäre pusten, doch es wäre denkbar, das Kohlendioxid später zurückzuholen und die Luft zu reinigen. Ein letzter Ausweg für den Fall, dass sich die Politik nicht rechtzeitig auf eine Drosselung des CO2-Ausstoßes einigen kann?
CO2-Ausstoß muss reduziert werden
Den Ozeanen brächte dieses Vorgehen nichts – zeigt die Studie einer deutsch-amerikanischen Forschergruppe um Sabine Mathesius vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Wenn die CO2-Emissionen in diesem Jahrhundert weiter zunehmen wie bisher, bliebe der Ozean noch jahrhundertelang stark verändert – selbst, wenn die CO2-Menge in der Atmosphäre irgendwann durch Geo-Engineering auf das vorindustrielle Niveau heruntergebracht werden könnte. "Wenn wir uns die Ozeane anschauen, zeigt sich, dass dieser Ansatz erhebliche Risiken birgt", so Leit-Autorin Mathesius.
Dass Kohlendioxid auf die Meere eine solch langanhaltende Wirkung hat, liegt an der langsamen Durchmischung der Ozeane. Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler fordern daher, den CO2-Ausstoß rasch zu drosseln, nur so ließe sich die Versauerung der Meere stoppen. Das Treibhausgas nachträglich aus der Atmosphäre zu entfernen, würde den Ozeanen dagegen kaum nützen. Diese Maßnahme könne eine Verringerung der Emissionen daher nur ergänzen, nicht ersetzen, betonen die Forscher.
Vorstellbar wäre zum Beispiel, schnell wachsende Pflanzen wie Pappeln oder Gräser anzubauen, die viel CO2 einlagern. Diese könnten dann in Kraftwerken verbrannt werden, in denen das freiwerdende CO2 abgeschieden und unterirdisch gespeichert wird. Im industriellen Maßstab ist diese Technologie allerdings noch nicht erprobt.
Früher kam es zum Massenaussterben
Wie die Wissenschaftler zu ihrem Studienergebnis kamen, erklärt Ko-Autor Ken Caldeira von der Carnegie Institution for Science in Stanford, USA: "Wir haben in einem Computer-Experiment simuliert, verschiedene Mengen von CO2 aus der Luft wieder zu entfernen – einmal in realistischer Größenordnung und einmal mit 90 Milliarden Tonnen pro Jahr, was mehr als das Doppelte der derzeitigen jährlichen Emissionen und wahrscheinlich nicht machbar wäre.
Interessanterweise zeigt sich, dass nach business-as-usual bis 2150 sogar das Herausholen enormer Mengen CO2 aus der Atmosphäre den Ozeanen nicht so viel helfen würde. Wenn das versauerte Wasser durch die großen Strömungen einmal in die Tiefe transportiert worden ist, ist es dort für viele Jahrhunderte außer Reichweite, ganz egal, wie viel CO2 aus der Luft entfernt wird."
Lebewesen stark unter Druck
Die Wissenschaftler untersuchten auch die Zunahme der Temperaturen in den Ozeanen und die Abnahme gelösten Sauerstoffs. Zusammen mit der Versauerung setzen diese Veränderungen die Lebewesen in den Meeren stark unter Druck. Früher in der Erdgeschichte haben solche Veränderungen zu Massenaussterben geführt. Wie sich in Zukunft die Kombination aller drei Faktoren – Sauerstoffmangel, Erwärmung, Versauerung – auf die Tiere und Pflanzen der Meere genau auswirkt, wissen die Forscher noch nicht.
"In den Tiefen des Ozeans wird das chemische Echo der heute verursachten CO2-Emissionen noch Tausende von Jahren nachhallen", sagt Studien-Ko-Autor Hans Joachim Schellnhuber. "Wenn wir nicht rasch Emissionsreduktionen umsetzen, die der 2-Grad-Grenze entsprechen, dann wird es nicht möglich sein, die Ozeane der Welt so zu erhalten, wie wir sie heute kennen."
Quelle: ntv.de, asc