"Impulse für Trendwende" Corona-Lockdowns bringen reinere Luft
09.08.2022, 15:02 Uhr
Klarer Himmel über Frankfurt: Allein der Flugverkehr ging während der Lockdowns um etwa 90 Prozent zurück.
(Foto: picture alliance / Daniel Kubirski)
Im Jahr 2020 bremsen die ersten Lockdowns in Europa das wirtschaftliche Leben in Europa aus. Mit positiven Effekten für die Luft: Die Rußkonzentration in Teilen Europas sinkt fast um die Hälfte, wie Forschende herausfinden. Das ist nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für die Gesundheit.
Während des ersten Lockdowns der Corona-Pandemie wurde die Mobilität vieler Menschen in Europa massiv eingeschränkt. Der Flugverkehr kam fast zum Erliegen, die Menschen fuhren weniger Auto. Das hatte einen positiven Effekt auf die Luftreinheit, wie Forscher herausfinden. Sie hatten in den Jahren 2017 und 2020 die Rußkonzentrationen in der Atmosphäre über West- und Südeuropa gemessen. Dabei zeigte sich, dass diese während der Lockdowns um 40 Prozent geringer waren.
Die Ergebnisse spiegelten die starke Auswirkung menschlicher Aktivitäten auf die Luftqualität und die Bedeutung von Ruß als wichtigem Luftschadstoff und Klimatreiber wider, schreiben die Autorinnen und Autoren in ihrer Studie, die im Fachmagazin "Atmospheric Chemistry and Physics" veröffentlicht wurde. Daran beteiligt waren Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie, der Universität Bremen, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Universität Leipzig und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS).
Während der Corona-Lockdowns Anfang 2020 hatte das Forschungsteam unter anderem Deutschland, die Benelux-Staaten, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, - also weite Teile von Mittel-, West- und Südeuropa - mit dem deutschen Forschungsflugzeug HALO überflogen. Es ermittelte die Masse von Ruß und die Partikelanzahlkonzentrationen im unteren Teil der Troposphäre, die vom Erdboden bis zur Stratosphäre in mehreren Kilometern Höhe reicht. Anschließend verglich das Team die Ergebnisse mit Messungen vom Juli 2017.
Es zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Luftqualität während der frühen Pandemie. Im Mittel sank die Rußmenge in Süd- und Westeuropa um 41 Prozent. Bestätigt wurde dies durch die Analyse von Verkehrsdaten und Angaben zum Benzinverbrauch während der Lockdown-Zeiten. Aus Sicht der Forscher war zum einen die eingeschränkte Mobilität durch die Lockdowns eine Ursache, zum anderen hätten auch bereits laufende Anstrengungen zur Verminderung der Ruß-Emissionen in Deutschland und Europa dazu beigetragen.
Ruß schadet Gesundheit und Klima
Ruß ist laut den Forschenden in Bodennähe nicht nur ein besonders gesundheitsschädlicher Teil des Feinstaubs - in der Atmosphäre tragen die winzigen Partikel auch zur Klimaerwärmung bei, weil sie sich durch ihre dunkle Oberfläche stärker aufheizen und Wärme an die Umgebung abgeben. Im Gegensatz zu langlebigen Treibhausgasen wie Kohlendioxid ist Ruß jedoch kurzlebig und bleibt nur wenige Tage bis Wochen in der Atmosphäre.
"Verringerte Rußemissionen durch weniger Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Diesel, Kohle, Öl oder auch Holz würde auch relativ schnell der Gesundheit von Millionen Menschen helfen", sagte Co-Autorin Mira Pöhlker vom TROPOS in Leipzig laut einer Mitteilung. "Zudem zeigen unsere Messungen und Modellrechnungen, dass weniger Ruß in der Atmosphäre einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leistet." Sie hofft, dass einige Verhaltensänderungen der Corona-Zeit, wie mehr Videokonferenzen und Homeoffice und damit weniger Flüge und Fahrten zur Arbeit, beibehalten werden. "Ich denke, dass die Pandemie Impulse für eine Trendwende geliefert hat."
Um die starke Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und die Pandemie zu bekämpfen, reagierten die meisten europäischen Länder im ersten Halbjahr 2020 mit erheblichen Einschränkungen der Mobilität und der wirtschaftlichen Aktivitäten. Die Lockdowns verringerten die Verbrennung fossiler Brennstoffe, eine der Hauptquellen für Ruß in der Atmosphäre, Anfang 2020 um etwa ein Drittel. Dieser Rückgang wird auf 90 Prozent weniger Flugverkehr in Europa und einen stark reduzierten Straßenverkehr zurückgeführt. In den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg waren die Emissionen in Europa nie zuvor so schnell gesunken.
Quelle: ntv.de, kst