
Die Möglichkeit, dass gewaltige Staubscheiben die Helligkeitsschwankungen verursachen, halten Astronomen für ausgeschlossen.
(Foto: imago stock&people)
Seltsames geht vor im All. Ein rund 1500 Lichtjahre entfernter Stern flackert auf eine Weise, die respektable Astronomen zu einer gewagten These verleitet: Gigantische künstliche Strukturen könnten den Stern umkreisen - gebaut von Außerirdischen.
In den 1960er-Jahren hatte ein bekannter Physiker und Mathematiker eine erstaunliche Idee: Er sprach von der Möglichkeit, dass eine außerirdische Zivilisation ein gigantisches Bauwerk um einen Stern herum errichten könnte, um dessen Energie so gut wie möglich nutzen zu können. Die Rede ist von einer Konstruktion von Millionen Kilometern Durchmesser, einer sogenannten Dyson-Sphäre. Sie ist benannt nach ihrem vermeintlichen Erfinder: Freeman Dyson.
Astronomen aus den USA glauben, nun möglicherweise auf so ein Objekt gestoßen zu sein. Dort draußen, in den Tiefen des Alls. Genauer gesagt, bei dem rund 1500 Lichtjahre entfernten Stern KIC 8462852. Dieser ist seinen Eigenschaften nach unserer Sonne recht ähnlich. Doch etwas Seltsames umkreist diesen Stern. So seltsam, dass Astronomen sagen, noch nie etwas Ähnliches beobachtet zu haben.
Ausgangspunkt ist erneut das Weltraumteleskop "Kepler", das in jüngster Zeit bereits für sensationelle Entdeckungen gesorgt hat. Kepler hat auf der Suche nach Planeten, die weit entfernte Sterne umkreisen, rund 150.000 Sterne auf Helligkeitsschwankungen untersucht. Diese lassen auf ein Objekt schließen, das, von der Erde aus betrachtet, vor diesem entlangzieht und dadurch das Licht des Sterns leicht abschwächt. Bei den meisten dieser Beobachtungen handelt es sich dann um einen Exoplaneten.
"Wir haben so etwas noch nie gesehen"
Da die Auswertung so vieler beobachteter Sterne jedoch enorm zeitaufwendig ist - und von dem Team um "Kepler" kaum alleine zu bewältigen -, wurde das Projekt Planet Hunters ins Leben gerufen. Bei diesem können sich Hobby-Astronomen bequem zu Hause am Computer an der Untersuchung von Sternenlicht auf Helligkeitsschwankungen beteiligen.
Und das taten sie auch bei besagtem mysteriösen KIC 8462852, der seit 2009 beobachtet wurde. Gleich mehrere Planetenjäger markierten diesen Stern als "interessant" und "bizarr". Und als Astronomen einen genauen Blick auf das Objekt warfen, wurde dies mehr als bestätigt. Denn der Stern wies ein sehr ungewöhnliches Flackern auf: Im Gegensatz zu Sternen mit Exoplaneten, deren Helligkeit in regelmäßigen Abständen schwankt, war die Schwankung bei diesem Stern höchst unregelmäßig.
"Wir haben so etwas noch nie gesehen", sagte Tabetha Boyajian, Astronomin an der Yale-Universität dem Magazin "Atlantic". "Es war sehr merkwürdig. Wir dachten zuerst, es sei ein Datenfehler oder die Bewegung des Weltraumteleskops, aber das haben wir alles überprüft." Gemeinsam mit Kollegen hat Boyajian eine Arbeit zu dem Thema verfasst, in der sie auf die möglichen Ursachen für die rätselhaften Lichtschwankungen eingeht.
Gigantischer kosmischer Zufall?
Viele Möglichkeiten wurden von der Astronomin in ihrer Arbeit in Betracht gezogen. Etwa die Reste von Kollisionen größerer Planeten oder innerhalb eines möglichen Asteroidengürtels um den Stern. Doch alle schieden aus verschiedenen Gründen aus. Bis auf eine: Ein fremder Stern - möglicherweise der vermutete Begleiter von KIC 8462852 - könnte eine Welle aus Kometen-Bruchteilen ins innere System katapultiert haben.
Diese These scheint auf den ersten Blick plausibel: Kometen umkreisen Sterne - das wissen wir aus unserem eigenen Sonnensystem - in extrem elliptischen Bahnen. Das würde die Unregelmäßigkeit der Beobachtung erklären, denn die Bruchteile des Kometen könnten sich unregelmäßig auf dessen Bahn verteilen. Dennoch bleibt etwas rätselhaft: Sollte es sich um einen zerbrochenen Kometen handeln, müsste dieses Ereignis in jüngerer Vergangenheit eingetreten sein.
Es käme gleichzeitig - in kosmischen Zeitabständen gedacht - einem großen Zufall gleich. Denn passiert so etwas, dauert es nicht lange, bis die Gravitation des Sterns diese Trümmer aufgesaugt oder in normale Bahnen gelenkt hätte. Daher müsste der Komet in jüngerer Vergangenheit zerborsten sein. Wie gesagt, ein großer kosmischer Zufall. Astronomin Boyajian sagte auch, dass sie in ihrem jüngsten Artikel nur "natürliche" Szenarios für eine Erklärung untersucht hätte. Aber sie würde auch "andere" Möglichkeiten in Betracht ziehen.
Konkreter wird da ihr Kollege Jason Wright, Astronom an der Staatlichen Universität von Pennsylvania. Er hat angekündigt, eine alternative Erklärung für das ungewöhnliche Muster veröffentlichen zu wollen. Wright und seine Co-Autoren sind der Meinung, dass die beobachtete Helligkeitsschwankung mit einem "Schwarm von Megastrukturen" zu erklären sei. Dabei könnte es sich möglicherweise um Sternenlicht-Kollektoren handeln, die die Strahlung von KIC 8462852 nutzbar machen sollen. Ähnlich wie die anfangs erwähnte Dyson-Sphäre.
Im Januar wird es spannend
Auf jeden Fall kommt nun Bewegung in die Sache. Da beide Astronomen, sowohl Boyajian als auch Wright, offensichtlich an die Möglichkeit glauben, Hinweise auf eine außerirdische Mega-Zivilisation gefunden zu haben, soll der Stern nun weiter untersucht werden - und zwar mit großen Radio-Teleskopen. Denn möglicherweise oder sogar höchstwahrscheinlich würde von dieser dann offensichtlich hoch entwickelten Zivilisation auch elektromagnetische Strahlung eingesetzt, etwa zur Kommunikation. Wie wir Menschen es schließlich auch tun. Boyajian und Wright arbeiten gemeinsam mit Andrew Siemion, Leiter des SETI-Forschungszentrums an der Universität von Kalifornien, daran, eine entsprechende Beobachtung des Sterns vorzunehmen.
Im Januar könnte das erste Mal ein Radioteleskop auf KIC 8462852 gerichtet werden. Sollten Wellen in erheblichem Umfang festgestellt werden, soll nach Willen der Forscher eine Beobachtung mit dem gigantischen Radioteleskop Very Large Array (VLA) in New Mexico, USA, folgen. Das wäre dann im Herbst kommenden Jahres. Allerdings sagt Wright: Sollte die erste Untersuchung bereits etwas "Aufregendes" ausfindig machen, könnte sich alles erheblich beschleunigen.
Quelle: ntv.de