Aus zwei mach eins Rätsel um Tschuris Enten-Form gelöst
30.09.2015, 14:51 Uhr
Aufnahme vom 7. August 2014: Da schwimmt die Quietsche-Ente auf dem Bauch.
(Foto: ESA/Rosetta/NAVCAM – CC BY-SA IGO 3.0/Imago, Fotomontage: Kai Stoppel)
Der Komet, auf dem Landegerät Philae durchs All saust, hat eine ungewöhnliche Form. Während andere Himmelskörper aussehen wie Kartoffeln, erinnert Tschuri an eine Quietsche-Ente. Wie er zu seinem originellen Äußeren kam, haben Forscher nun geklärt.
"Dieser Komet scheint völlig anders zu sein als jeder andere, den wir zuvor gesehen haben", sagt Carsten Güttler vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen, als er im Juli 2014 die ersten verschwommen Aufnahmen von 67P/Tschurjumow-Gerasimenko, kurz Tschuri, zu sehen bekam. Zwei deutlich getrennte Teile zeichneten sich darauf ab, ganz so, als hätte der Komet einen Kopf und einen Körper. Rasch war der Vergleich gezogen: Tschuri sieht aus wie ein Quietsche-Entchen. Warum? Da konnten die Forscher zunächst nur raten.
Inzwischen sind sie schlauer. Analysen des einen wie des anderen Kometenteils geben einige Hinweise darauf, wie Tschuri zu seiner ungewöhnlichen Form gekommen ist: "Sehr wahrscheinlich sind zwei Kometen im noch jungen Sonnensystem zusammengestoßen und bildeten den heute sichtbaren Doppelkörper", sagt Ekkehard Kührt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin.
Kührt leitet die Beteiligungen des DLR an der Rosetta-Mission; der Mission, die Tschuri unter die Lupe nimmt. Der Zusammenprall der beiden Kometenteile müsse sehr sanft bei kleinen Geschwindigkeiten erfolgt sein, so Kührt. Nur so ließen sich die geringe Dichte und die gut erhaltenen Schichtstrukturen beider Kometenteile erklären. "Diese Erkenntnis gibt wichtige Hinweise auf den physikalischen Zustand des frühen Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren", berichtet der Kometenforscher als Mitautor einer aktuellen Veröffentlichung im Fachjournal Nature."
Zwei Körper, ein Komet
Ein Zusammenstoß zweier Kometen - so etwas hatten die Wissenschaftler schon geahnt. Aber auch eine besonders intensive Erosion an der Stelle, die sich schließlich zu Tschuris Hals entwickelte, hielten sie für möglich. Die Auflösung des Rätsels gelang nun durch die Analyse hochaufgelöster Bilder, die zwischen dem 6. August 2014 und dem 17. März 2015 mit der Osiris-Kamera an der Raumsonde Rosetta gelangen.
Zunächst hatten die Wissenschaftler auf den Bildern über hundert terrassenförmige Strukturen auf der Kometenoberfläche und parallel verlaufende Schichten ausgemacht. Sie zeichneten sich deutlich an Klippen, Wänden und Vertiefungen ab. Mithilfe eines 3D-Kometenmodells konnten die Forscher anschließend schlussfolgern, in welche Richtung und in welcher Tiefe die einzelnen Schichten verlaufen. Schnell wurde klar, dass sie auf beiden Kometenhälften zu finden sind, sich dort aber im Detail voneinander unterscheiden. Das führte zu der Einsicht, dass sich die Strukturen nicht auf einem Körper gemeinsam entwickelt haben.
"Kometen gelten als Zeitzeugen der Bildung unseres Planetensystems, da sie sich durch ihre Entstehung in dessen kalten äußeren Regionen und wegen ihrer geringen Größe gut erhalten haben", erläutert Kührt. "Unklar war, inwieweit gegenseitige Stöße zur Alterung beigetragen haben. Die Daten der Rosetta-Mission unterstreichen, dass Kometen auch in dieser Hinsicht nur moderat verändert wurden und tatsächlich sehr ursprüngliches Material darstellen." Zudem deutet der ähnliche Aufbau beider Teilkörper darauf hin, dass diese einst in ähnlicher Weise entstanden sind.
Seit August entfernen sich Tschuri und mit ihm Rosetta und Philae von der Sonne, auf die sie gemeinsam zugerast waren. Noch etwa ein Jahr lang, bis September 2016, werden dabei mit unterschiedlichsten Instrumenten wissenschaftliche Daten gesammelt.
Quelle: ntv.de, asc