Die Pläne der Parteien Was passiert mit der Rente nach der Wahl?
01.09.2021, 10:47 Uhr
Aktuell muss die Rentenversicherung mit gut 100 Milliarden Euro Steuergeld vom Bund bezuschusst werden.
(Foto: imago/RelaXimages)
Dass es mit der gesetzlichen Rente im Alter knapp werden könnte, schwant wohl den meisten. Denn das umlagefinanzierte System steht auf wackeligen Beinen. Da wäre es doch mal interessant, zu wissen, wie die Parteien etwas Stabilität in die Sache bringen möchten. Hier ist die Übersicht.
Beginnen wir mit der guten Nachricht. Wirklich Belastendes für zukünftige Rentner haben die derzeit im Bundestag vertretenen Parteien nicht auf dem Zettel. Heißt, weder sollen durch Beitragserhöhungen die Einnahmen gesteigert noch durch Rentenkürzungen oder ein höheres Renteneintrittsalter die Ausgaben gesenkt werden. Erst mal durchatmen also.
Die schlechte Nachricht lautet, dass vollkommen unklar ist, wie der mehr oder weniger unveränderte Status finanziert werden soll. Das ist ein Problem. Denn das umlagefinanzierte System steht auf wackeligen Beinen. Es fehlt an Beitragszahlern, da es in Zukunft in Deutschland immer mehr alte und im Gegenzug viel zu wenige junge Menschen geben wird. Im Schnitt beziehen Senioren hierzulande 20 Jahre Rente. Das sind 5 Jahre mehr als noch 1990. Zu Zeiten der Kanzlerschaft Konrad Adenauers (1949 bis 1963) kamen auf einen Rentner noch sechs Beitragszahler. Heute sind es nur noch um die zwei. Aktuell muss die Rentenversicherung dann auch mit gut 100 Milliarden Euro Steuergeld vom Bund bezuschusst werden - jährlich. Tendenz steigend. Dass dadurch die gesetzliche Rente vor größeren Problemen steht, bedarf keiner weiteren Erklärung. Allerdings scheint es nur drei Lösungen zu geben: Das Rentenalter anheben, die Beitragszahlungen zu erhöhen oder die Leistungen zu reduzieren.
Das Renteneintrittsalter
Die aus dieser Erkenntnis resultierende Forderung, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, sorgte zuletzt für Unruhe. Und sie finden sich so kurz vor der Wahl wenig überraschend dann auch bei keiner Partei offiziell im Programm. Eine Rente mit 68 oder sogar 70 Jahren würde allerdings der gestiegenen Lebenserwartung Rechnung tragen und gleichzeitig die Rentenkasse entlasten, weil der Einzelne länger einzahlen müsste, bevor die Rente abschlagsfrei bezogen werden könnte. Stattdessen wird mehr oder weniger an der derzeitigen Grenze festgehalten und steht nicht zur Debatte. Alles andere könnte auch Wählerstimmen kosten. So sieht es bei den einzelnen Parteien aus:
- SPD: höchstens 67 Jahre
- CDU: 67 Jahre
- Grüne: 67 Jahre
- FDP: flexibel (ab 60 Jahre)
- Linke: 65 Jahre
- AfD: keine konkreten Angaben
Derzeit liegt das Renteneintrittsalter bei 67 Lebensjahren.
Der Beitragssatz
In Sachen Beitragssatz wollen sich die Parteien besser gar nicht äußern. An der Beitragsschraube, um die Einnahmen zu erhöhen, kann ja gegebenenfalls auch noch bei Bedarf nach der Wahl gedreht werden. Solange gilt der Beschluss der noch verantwortlichen Regierung, dass der Beitragssatz von 20 Prozent des Einkommens bis 2025 nicht überschritten werden soll. Derzeit liegt er bei 18,6 Prozent und wird je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt.
Eine Erhöhung auf 20 Prozent bei weiterhin paritätischer Finanzierung würde sich für einen Durchschnittsverdiener (Bruttojahreseinkommen von rund 41.500 Euro) mit 16 Euro weniger Nettolohn im Monat auswirken. Eine Erhöhung auf 22 Prozent würde sich hingegen beim selben Einkommen mit schon monatlich 40 Euro weniger bemerkbar machen, wie das Verbraucherportal Finanztip ausgerechnet hat.
Eine massive Erhöhung der Rentenbeiträge, um des Problems Herr zu werden, kommt für die Politik aber wohl nicht infrage. Zu groß ist die Sorge vor dem Zorn der Wähler. So verhielt es sich auch schon bei der Reform der Rentenversicherung im Jahr 2001. Stattdessen wurden de facto Rentenkürzungen beschlossen und eine staatlich geförderte private Vorsorge installiert. Doch leider ist auch die mittlerweile mehr oder weniger gescheitert.
Das Rentenniveau
Beim Thema Rentenniveau, welches besagt, wie viel Prozent des letzten Einkommens der sogenannte Eckrentner (45 Arbeitsjahre bei einem Brutto-Durchschnittslohn von derzeit rund 41.500 Euro) im Ruhestand als Rente vor Steuern bekommt, werden die Parteien zumindest in Teilen konkreter. Hier lauten die Vorstellungen wie folgt:
- SPD: mindestens 48 Prozent
- CDU: keine Angabe
- Grüne: mindestens 48 Prozent
- FDP: keine Angabe
- Linke: 53 Prozent
- AfD: keine konkreten Angaben
Aktuell liegt das Rentenniveau bei 48 Prozent.
Fazit: Sicherheit und Stabilität bei der Rente versprechen mehr oder weniger alle Parteien. Die derzeitigen Pläne, wie dies zu gewährleisten ist, sind aber mehr als unzureichend. Zwar informiert die Politik seit Jahrzehnten ihre Wähler über die ungute Entwicklung, Lösungsansätze waren aber bestenfalls Stückwerk. Eine Reform ist dringend vonnöten. Nicht verschwiegen werden soll, dass vor allem Teile von FDP, CDU und Grüne die gesetzliche Rente um eine kapitalgedeckte Altersvorsorge in Form von Aktien ergänzen wollen. Was in anderen Ländern schon ganz gut klappt. Die Idee dahinter: Alterseinkommen wird möglichst aus allen Quellen des Volkseinkommens und eben nicht nur aus den Arbeitseinkommen gespeist.
Zudem gibt es immer mal wieder Überlegungen vonseiten der SPD, alle Beschäftigten ins System einzahlen zu lassen. Also auch Freiberufler und Beamte. Ob es gleich das Schweizer Modell sein muss, wo nahezu jeder Bewohner zwischen dem 20. und 65. Lebensjahr in die gesetzliche Rente einzahlt, darüber darf gerne gestritten werden. Klar sollte aber sein, dass die Politik Verantwortung für die Bürger zu übernehmen hat, auch wenn diese dafür an die Hand genommen werden müssen. Das tut sie an andere Stelle auch. Zum Beispiel beim Aufstellen von Verkehrsregeln, die - zum Wohle aller - auch für alle gelten.
Quelle: ntv.de