"Im Norden sterben mehr" Wo die starken Raucher wohnen
03.11.2015, 14:14 Uhr
Die Krebsforscher warnen vor der Tabakindustrie: "Ökonomisch bedeutungsloser Wirtschaftszweig mit großem Einfluss auf die Politik."
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Experten nehmen kein Blatt vor den Mund: Das Rauchen ist unter allen vermeidbaren Gesundheitsgefahren noch immer Todesursache Nummer eins. Von Nord nach Süd gibt es auffällige Unterschiede, wie der neue "Tabakatlas" zeigt.
Jeder Raucher weiß es: Der Griff zur Zigarette birgt Gefahren für die Gesundheit. Doch trotz Tabaksteuererhöhungen, eingeschränkter Werbung, Nichtraucherschutzgesetzen und umfangreichen Aufklärungskampagnen liegt der Raucheranteil in Deutschland im bundesweiten Durchschnitt noch immer bei 25 Prozent.
Schon die nackten Zahlen sind erschreckend: Jährlich sterben 121.000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Tabakgenusses, teilte das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) bei der Vorstellung des neuen Tabakatlas 2015 mit. Auf das Rauchen lassen sich demnach 13,5 Prozent aller Todesfälle zurückzuführen. Und: "Etwa jeder siebte Todesfall in Deutschland ist vermeidbar".
Rund die Hälfte starb an Krebs
Krebserkrankungen verursachen dabei den größten Anteil der tabakbedingten Todesfälle: Den Angaben zufolge sind es 52 Prozent bei den Männern und 41 Prozent bei den Frauen. Darauf folgen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes durch Tabakkonsum, woran 30 Prozent der Männer und 32 Prozent der Frauen sterben. Atemwegserkrankungen folgen an dritter Stelle. Sie kosten 19 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen, die an den Folgen des Tabakkonsums sterben, das Leben.
Bei der Untersuchung der tabakbedingten Todesfälle zeigen sich auffällige regionale Unterschiede: "Im Norden sterben mehr Menschen am Rauchen als im Süden", heißt es beim DKFZ. Die meisten Rauchertodesfälle finden sich in Bremen und Berlin: In den beiden Stadtstaaten sterben 23 Prozent der Männer und 11 Prozent der Frauen an den Folgen des Rauchens.
Vergleichsweise gesund leben die Menschen dagegen im Süden und in der Mitte Deutschlands: In Baden-Württemberg und Bayern sterben die wenigsten Männer (17 und 18 Prozent) und in Sachsen und Thüringen die wenigsten Frauen (4 und 5 Prozent) an den Folgen ihres Rauchverhaltens.
Die Angaben beruhen auf einer Auswertung der amtlichen Angaben zur Bevölkerungsentwicklung (Mikrozensus) und der Todesursachenstatistik, jeweils für das Vergleichsjahr 2013. Das Krebsforschungszentrum bereitete diese Daten nach 2009 bereits zum zweiten Mal in Form eines "Tabakatlas" auf.
Warnung vor der Tabaklobby
Die DKFZ-Experten wollen damit eigenen Angaben zufolge nicht nur der deutschen Öffentlichkeit den neuesten Stand der Wissenschaft näher bringen, sondern auch politische Entscheidungsträger zum Handeln veranlassen. "Seit dem Jahr 2005 besteht das Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs, das auch für Deutschland völkerrechtlich bindend ist", heißt es im Begleitmaterial. "Dennoch hat Deutschland einige der darin enthaltenen Maßnahmen noch nicht oder nur unzureichend umgesetzt."
Die Tabakindustrie, so heißt es in einer klaren Warnung, sei ein "ökonomisch bedeutungsloser Wirtschaftszweig" mit "großem Einfluss auf die Politik". Die "Tabaklobby" führe sowohl in Brüssel als auch in Berlin eine "Kampagne gegen die europäische Tabakproduktrichtlinie durch, um Ministerien und Behörden zu verunsichern und wirkungsvolle Tabakkontrollmaßnahmen zu verhindern", wie das DKFZ schreibt. Die Interessenvertreter der Tabakindustrie hätten es erreicht, die "Bestimmungen der europäischen Tabakproduktrichtlinie deutlich abzuschwächen".
(Hinweis für Mobilnutzer: Die Karte zur Verteilung der tabakbedingten Todesfälle finden Sie hier.)
Quelle: ntv.de, mmo